"Im Allgemeinen bin ich der Ansicht, dass alle großen Religionen dem Menschen potentiell von Nutzen sind und dass sie feine Menschen hervorbringen können, Menschen mit einem guten, mitfühlenden Herzen.
Ein Wechsel der Religion kann allerdings zu emotionalen und intellektuellen Schwierigkeiten führen.
Deshalb sage ich immer, dass es besser ist, der eigenen Religion zu folgen.
England ist beispielsweise ein traditionell christliches Land und es könnte für die Menschen hier besser sein, der christlichen Religion zu folgen.
Es gibt aber auch Menschen, die mit der eigenen religiösen Tradition wenig anfangen können, genauso wie es Menschen mit radikal atheistischen Anschauungen gibt.
Für sie könnte die Art und Weise, wie die Dinge im Buddhismus erklärt werden, interessant sein. Und dann ist es sicher auch gerechtfertigt, dem Buddhismus zu folgen.
Im Allgemeinen denke ich, dass es besser ist, wenn der Geist mit religiösen oder geistigen Dingen vertraut und nicht vollkommen ungeschult ist. Wenn sich also jemand wirklich stark von den Anschauungen und der Art der Schulung des Geistes im Buddhismus angesprochen fühlt, ist es außerordentlich wichtig, dass sie oder er zuerst gründlich darüber nachdenkt. Erst wenn man zu der Überzeugung gelangt ist, dass dieser Weg für einen selbst wirklich geeignet ist, sollte man ihn als die eigene, persönliche Religion betrachten.
Ein weiterer wichtiger Punkt, denn es zu beachten gilt, ist der Folgende:
Wenn wir uns einer neuen Religion zuwenden, neigen wir dazu unsere frühere oder die traditionelle Religion unseres Landes zu kritisieren und für unzulänglich zu erklären, um unsere persönliche Entscheidung zu rechtfertigen. Es liegt in der Natur des Menschen, ist aber nicht richtig.
Denn erstens ist noch lange nicht gesagt, dass eine Religion, die man für sich ungeeignet findet, für Millionen Menschen ebenfalls ungeeignet oder wertlos ist.Auszug aus der Einleitung "Dalai Lama, 'Die Vier Edlen Wahrheiten – Die Grundlage buddhistischer Praxis'", dem Autor als Hörbuch vorliegend.
Da wir allen Menschen mit Respekt begegnen sollen, müssen wir auch die verschiedenen religiösen Systeme respektieren, denen andere folgen.
Darüber hinaus hat die frühere Religion, der man angehörte, das gleiche positive Potenzial wie alle anderen Religionen auch: Bestimmten Menschen von Nutzen zu sein.
Ganz offensichtlich haben die Auffassungen des Christentums auf viele Menschen eine größere Wirkung als die des Buddhismus.
Es hängt von den geistigen Voraussetzungen des Einzelnen ab.
Daher sollten wir dieses Potenzial in jeder Religion respektieren und auch jene Menschen, die diesen Religionen folgen.
Zweitens werden wir uns der Vielzahl unterschiedlicher religiöser Systeme und Traditionen bewusst und viele Menschen bemühen sich heute um eine echte Harmonie unter ihnen.
Ein Beispiel dafür ist die Interreligiöse Zusammenkunft über Religion und Natur in Assisi 1986.
Ich denke, dass es immer mehr interreligiöse Vereinigungen geben wird und dass religiöser Pluralismus allmählich Fuß fasst.
Das finde ich sehr ermutigend. In einer Zeit wo Menschen sich in vielen Bereichen um ein echtes Verständnis der Religionen untereinander bemühen, könnte unsere Kritik unserer früheren Religion mehr schaden als nützen.
Aufgrund solcher Überlegungen sollten wir deshalb anderen Religionen gegenüber eine respektvolle Einstellung beibehalten.
Ich wollte diese Gedanken vorausschicken, denn wenn ich mit den Erklärungen der vier edlen Wahrheiten beginne, werde ich behaupten und begründen, das die Auffassungen im Buddhismus die besten sind.
Und wenn sie mich fragen würden, welche Religion für mich persönlich die beste ist, würde ich ohne zu zögern antworten: "Der Buddhismus"
Aber das heißt nicht, dass es für jeden anderen auch die beste ist. Ganz sicher nicht!
Wenn ich also im Verlauf der Erklärungen sage, dass ich den Weg des Buddhismus für den besten halte, sollten sie das nicht missverstehen.
Außerdem möchte ich betonen, dass ich nicht einfach aus Höflichkeit oder Diplomatie sage, alle Religionen hätten ein großes Potenzial.
Es können nun einmal nicht alle Menschen Buddhisten sein. Das ist offensichtlich, ob es uns gefällt oder nicht. Und ebenso können nicht alle Menschen Muslime oder Christen sein.
Auch zu Lebzeiten Buddhas wurden durchaus nicht alle Inder Buddhisten. Das sind Tatsachen.
Ich habe nicht nur Bücher über andere Religionen gelesen, sondern bin auch wirklichen Praktikern anderer Religionen begegnet.
Wir haben über tiefe spirituelle Erfahrungen gesprochen, ganz besonders über die Erfahrung von liebender Güte und ich habe gespürt, wie echt und stark diese Einstellung in ihrem Geist verankert ist. Ich schließe daraus, das diese Religionen das Potenzial haben, ein gutes Herz zu entwickeln.
Es geht nicht darum, ob wir die philosophischen Anschauungen anderer Religionen persönlich mögen oder nicht. Für einen Nicht-Buddhisten mag die Vorstellung von nachfolgenden Existenz und einem Zustand der "Nirwana" genannt wird, vielleicht absurd klingen.
Buddhisten wiederum erscheint die Idee von einem Schöpfergott unlogisch.
All das ist aber im Grunde genommen unwichtig, denn in Wirklichkeit geht es darum, dass ein Mensch mit negativen Eigenschaften durch die Herangehensweise dieser unterschiedlichen Traditionen und Systeme zu einem guten, positiven Menschen werden kann.
Es ist der eigentliche Zweck einer Religion und auch das Ergebnis der Anwendung von Religion.
Schon allein deshalb sollte man andere Religionen respektieren."
Zur Erläuterung:
Ursprünglich hatte ich diese Transkription, aus der ich hier einen Auszug zitiere, nach dem Genuss des Hörbuches damals lediglich für den rein privaten Gebrauch angefertigt, ohne die Absicht, sie je zu veröffentlichen.
Einfach, weil Seine Heiligkeit (Ich nenne den Mann nicht so, weil das sein Titel ist, sondern weil ich damit seinen Erkenntnisstand honoriere) damit eine relative Wahrheit ausspricht, die meiner eigenen sehr nahe steht.
Er bringt darin für mich elementarste Grundlagen, die für menschliches Zusammenleben unabdingbar sind, auf den Punkt.
"Alle Worte sind heilig und alle Propheten wahr; ausgenommen nur, daß sie ein wenig verstehen; " AL. I.56In erster Linie bezogen natürlich auf Religion und Weltanschauung.
Aber wenn man einmal darüber nachdenkt, dann erkennt man auch, dass diese Punkte, die er hier anspricht auch auf kulturelle Ebene übertragen könnte.
Warum veröffentliche ich diesen Auszug hier nun doch, und ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt?
Weil mich zur Zeit die allgemeine Stimmung, gelinde gesagt, ziemlich beunruhigt.
Da wird mir wieder zu viel von "Deutscher Leitkultur" gefaselt, die ja, wenn sie überhaupt existiert, mit viel gutem Willen gerade mal 140 Jahre alt wäre (2. Reich!), und eigentlich ja nur von Herrn Seehofer wieder aufgewärmt wurde, zu dem Zweck "die rechten Spinner [zu] verhindern", und keineswegs, weil seine Partei zur Zeit einen "Rechtsdrall" anstrebe (mit anderen Worten, der möchte sich schon mal, in Hinblick auf die nächste Bundestagswahl und die bisher eher bescheidene Zwischenbilanz der derzeitigen Regierung und daher nicht mehr so ganz positive Prognose seiner Partei bezüglich der Wählergunst, potentielle Rechtsaußen-Wähler sichern.)
Gemeint ist ja sowieso eher "christliche Leitkultur", was Frau Merkel ja mittlerweile auch offen ausgesprochen hat: “Wir fühlen uns dem christlichen Menschenbild verbunden, das ist das, was uns ausmacht." Wer das nicht akzeptiere, "der ist bei uns fehl am Platz"”
Meinen tat sie natürlich "die Ausländer", allerdings, nachdem ich mich ja mittlerweile aufgrund einer Antwort der schwarz-gelben Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion vom Juni dieses Jahres als "Linksextremist" fühlen darf,
" Mit dem Begriff Linksextremismus werden nach übereinstimmender Definitionbin ich als nun mehr potentieller "Sachbeschädiger", "Gewalttäter" und "Brandschatzer" und zudem noch "Nicht-Christ" dann doch etwas verunsichert, ob ich denn hier noch ein Bleiberecht habe.
der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder Bestrebungen von
Personenzusammenschlüssen bezeichnet, die an Stelle der bestehenden Staats-
und Gesellschaftsordnung eine sozialistische bzw. kommunistische Gesellschaft
oder eine „herrschaftsfreie“, anarchistische Gesellschaft etablieren wollen und
ihr politisches Handeln an revolutionär-marxistischen oder anarchistischen
Ideologien orientieren."
(Und unter akuter Zeitnot! Ich bin doch sowieso schon die halbe Zeit meiner Tage unterwegs, Jungfrauen und Haustiere zum Zwecke der Opferung zu organisieren, wann soll ich denn da noch Zeit finden, meinem neu hinzugekommenen Status gerecht zu werden...?)
Aber auch das ist immer noch nicht der eigentliche Grund, warum ich obiges Zitat veröffentlicht habe.
Immerhin darf ich mir ja noch Hoffnungen machen, nicht aus dem eigenen Land geschmissen zu werden, weil wir ja immer noch über ein Grundgesetz verfügen, dass mir bestimmte Grundrechte einräumt. Zum Beispiels Religions- und Bekenntnisfreiheit, sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit, und das Recht einem Verein beizutreten oder zu gründen.
Noch dazu leben wir ja in einem aufgeklärten, säkularisierten Staat und nicht in einem dieser bösen, gefährlichen Gottesstaat, wie diese ganzen Kameltreiber...
Und nun nähern wir uns mit riesen Schritten der Auflösen.
Da wir ja hier bald alle dem Dschihad zum Opfer fallen werden, man als Frau kaum noch unverschleiert auf die Straße gehen kann, und bald kein Schweinefleisch mehr zu kaufen bekommt, sprechen ja mittlerweile nicht nur
Was mich daran nun wirklich ankotzt, ist, dass diese Einstellung, die ja mittlerweile schon die viel zitierte "Bürgerliche Mitte" erreicht hat, nun langsam auch in den Köpfen von Leuten wurzeln schlägt, von denen man es eigentlich nicht annehmen sollte, sei es, aufgrund ihres Glaubens oder ihres Bildungsstandes.
Sorry, wenn ich in eine urdeutsche Kneipe (Stichwort "Deutsche Leitkultur"!) gehe, dann erwarte ich nicht mehr als Stammtischparolen, wenn ich aber im Rahmen politischer oder intellektuell nicht ganz so abgründiger Basis diskutiere, dann erwarte ich doch ein wenig mehr Hintergrundwissen und Willen oder Fähigkeit zur Differenzierung und Argumente und keine populistischen Parolen oder Totschlagargumente.
Und nebenbei soviel Sinn zur Selbstreflektion, dass man merkt, wohin man mit dem Mist, den man da nachplappert, gerade die Uhr zurückdreht.
Aber Restauration liegt ja zur Zeit sowieso wieder voll im Trend...
Ich bin gerade etwas angesäuert, nö, ich bin ehrlich gesagt wirklich empört und stocksauer...
"Wenn es morgens um sechs Uhr an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe."
Winston Churchill
Remember, Remember....
PS:
Wenn jetzt Verwirrung aufkommt, wo genau jetzt der Bezug zwischen dem Vorwort des Dalai Lama und der darunter stehenden Begründung zu finden ist, nicht wundern, die Adressaten werden die Botschaft verstehen, einige "Insider" ebenfalls. *fg*