Gulbrandsdal
Die Felsen sind steil, die Schlucht ist schmal,
Der Snöhättan blickt auf Gulbrandsdal.
Und weht es im Sommer heiß und schwül,
So halten die Felsen den Talgrund kühl,
Und starrt es im Winter hoch oben von Eis,
So sprudeln unten die Quellen heiß,
Herbststürme ziehen drüber hin,
Nur Frühling und Friede wohnen darin,
Kein Fieber schleicht, keine Krankheit geht um,
»Tal des Lebens« heißt es drum.
Und die Menschen im Tal verlassen es nie,
Zu hohen Jahren kommen sie,
Keine Last, keine Sorge beugt ihre Gestalt,
Sie werden weiß, aber sie werden nicht alt.
Und drei Lebelang sehen dem Leben sie zu,
Da sind sie müd' und verlangen nach Ruh',
Und sie rufen den Tod, der aber spricht:
»Ihr müßt kommen, ich komme nicht.«
Und sie steigen hinauf. Und zum ersten Mal,
Um zu sterben, lassen sie Gulbrandsdal.
(Quelle: Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 20, München 1959–1975, S. 93-95)
Für diese Menschen ist ihr Tal das Paradies und dies im Leben! Sie müssen es erst willentlich verlassen, um sterben zu können, also, wie sollte für sie denn dann erst ein Paradies post mortem beschaffen sein?
Ich denke, mit dem Paradies verhält es sich ebenso wie mit der Hölle. Jeder Mensch schafft es sich im Leben selber, je nachdem, wie er sich anstellt und welche unterbewussten "Wünsche" er hat.
Ich persönlich glaube nicht daran, dass eine wie auch immer geschaffene Welt auf uns nach dem Tode wartet. Ich denke schlicht, dass dann einfach das bewusste Leben aufhört zu existieren und wir heimkehren in den Energiepool, aus dem wir alle stammen.
Denn es ist physikalisch sicher, Energie geht nicht verloren, sondern wird nur umgewandelt. Das war schon meine Überzeugung, als ich noch auf agnostischen Pfaden wandelte und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Mein Celtoi-Anteil kann darum sehr gut mit der Idee des "Kessels des Lebens" zurechtkommen!
Wohingegen ich die, meiner Meinung nach, MZB-insprierte und/oder aus dem Christentum übernommene Gleichsetzung der Anderswelt (mal nebenbei, es gibt da ja nicht nur eine!) und mythischer Jenseitswelten mit einem paradiesischen Ort nicht teile.
Ich denke, dass ist eine sehr naive, neuheidliche Vorstellung der möglicherweise bei keltischen Stämmen bestehenden Einteilung der Welt in "Hier" und "Dort" (Land, Dimension, der Götter, der Sidhe, der Anderen???) und resultiert aus archäologische Funden von Gräbern in einem sehr begrenzten Zeitraum und eng einzugrenzenden Örtlichkeit und einem sehr engen sozialen Status ( vermögende, einflußreiche Personen) der Verstorbenen mit entsprechenden Beigaben, die auf eine Vorstellung, an ein mögliches Weiterleben hindeuten könnten.
Für mich ist die Anderswelt nichts anderes als "Dort", wo die diesseitigen Regeln nicht gelten...weder besser noch schlechter als hier, nur eben "anders", aber sicher nicht "paradiesisch", die man durchaus auch lebend besuchen kann.
Zurück zum "Kessel des Lebens" oder Energie-Pool.
Wie Aneas es schon in seinem Kommentar bei Atraryllis so treffend mit seinem Beispiel vom Wassertopf auf dem Herd in Worte fasst:
"Es gibt ein Alleinheitsbewusstsein. Stellen wir uns das wie ein Topf mit Wasser auf dem Herd vor. Auf dem Deckel des Topfes schlägt sich der Wasserdampf ab. Diese Tropfen sind die lebenden Individuen (Allein-Heit). Nach einer Zeit fallen Sie zurück in den Topf und ergießen sich in die Gesamte Menge. In die All-Einheit. Die Erfahrungen, die Erkenntnisse fügen Sie dem Gesamten hinzu. Das ICH, was ein Individuum in der Lebensphase spürt verschwindet aber nach dem Tod - also nach dem zurückfallen in den Topf :-)
Der nächste Wassertropfen, der sich auf dem Deckel bildet hat Teile aller Wassertropfen in sich. Erinnerungen, Erfahrungen einige Intensiver andere nur schwach, wieder andere gar nicht!..."
Nun, ich ersetze für mich eben das Alleinheitsbewußtsein durch den physikalischen Begriff "Energie", manche nennen es auch "Seele", also das was uns auf den Beinen hält, uns leben, denken, fühlen lässt.
Was ja nicht heißt, dass diesen "Seelentropfen" nicht noch Erinnerungsfragmente aus früheren Leben anhaftet.
Darum kann ich auch nicht an Reinkarnation in Persona glauben.
Doch kenne ich das Gefühl, sich an einem Ort, auch wenn man ihn zum ersten Mal betritt, zu Hause fühlen, die Gerüche, die Mentalität der Menschen und auch die örtlichen Begebenheiten so vertraut sind, als hätte man nie woanders gelebt.
Das Bild von Aneas Wassertopf, aber auch die Symbolik des "Kessel des Lebens" würde dies ebenso erklären, wie zum Beispiel die Transgender-Problematik oder auch Otherkins und Theriantropen.
Denn es kehrt ja jede Energie in den Topf zurück und nicht nur die menschliche.
Ich denke, es einer der größten Denkfehler der Menschheit, Tieren eben diese Energie (Seele) abzusprechen. Denn das Prinzip ist das gleiche und nur weil einige Tiere anscheinend "nur" ein Gruppenbewusstsein haben, andere "nur" eine Schwarminteligenz, im Gegensatz zu der Individual-Entsprechungen des Menschen, und ihnen teilweise schlicht die Fähigkeit fehlt, sich für den Menschen verständlich auszudrücken (oder aber den Menschen die Fähigkeit fehlt, sie zu verstehen) heißt das noch lange nicht, dass diese Annahme falsch ist.
Aber zurück zum Thema "Paradies":
Ich denke also, dass es keine jenseitiges Entsprechung dafür gibt. Fragen kann man ja niemanden, und bei Schilderungen von Nahtoderfahrungen können auch entweder vom Gehirn durch neuronale und chemische Prozesse hervorgerufene Halluzinationen zum Zwecke des leichteren, für den Sterbenden sanfteren, Herauslösen der Energie zum Zwecke der Rückkehr in den Pool oder aber auch tatsächlich bewusste Erinnerungen an diese "missglückte" Rückkehr eine Rolle spielen. (Was diese Erfahrungen jedoch nicht weniger bedeutsam oder für den Betroffenen weniger wichtig macht. Es ist keine Abwertung, nur eben eine andere Definition!)
Ich würde Astraryllis Experiment allerdings gerne weiter geben, da ich es einfach interessant finde, darüber einmal zu philosophieren...