Meinereiner
"Bildung ist wichtig, vor allem wenn es gilt, Vorurteile abzubauen.
Wenn man schon ein Gefangener seines eigenen Geistes ist, kann man wenigstens dafür sorgen, daß die Zelle anständig möbliert ist."
Peter Ustinov
„Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“
Benjamin Franklin
Montag, 10. November 2008
Weggabelung
Viele Dinge haben sich in letzter Zeit in meinem Leben geändert. Neue Perspektiven und Erkenntnisse haben sich aufgetan.
So bin ich wieder einmal an einem Punkt auf dem Pfad des Lebens angekommen, an dem ich an einer Weggabelung stehe und mir überlege, ob es für mich nicht sinnvoller wäre, einfach ab zu biegen und meinem Weg zu folgen.
Früher habe ich es genossen, einen Teil des Weges mit Gleichgesinnten zu gehen. Ich war zwar nie ein Herdentier, aber Gesellschaft habe ich eigentlich immer bevorzugt. Und da hat es mir dann auch nie viel ausgemacht, auf langsamere Wanderer zu warten oder auch mal den Begleitern zu liebe eine Rast einzulegen, obwohl ich durchaus noch eine Weile hätte weiterlaufen können.
Je älter ich jedoch werde, desto mehr merke ich, dass ich nicht mehr so kompromissbereit und flexibel bin, wie noch vor einigen Jahren. Ich bin auch nicht mehr so tolerant. Und ich merke zunehmend, dass ich kaum noch Geduld habe, auf andere zu warten oder mich mit ihren Problemen zu belasten.
Es ist doch so, jeder hat sein persönliches Glück oder meinetwegen auch sein Schicksal in der eigenen Hand. Ich bin nicht verantwortlich dafür, dass er es nutzt oder auch auf welche Weise. Das kann und muss schlicht jeder für sich selber entscheiden und verantworten.
Wenn nun jemand beispielsweise sein Glück darin sieht, das Harmoniebärchen zu geben und dabei die eigenen Bedürfnisse zu ignorieren, um von seinen eigenen Problemen abzulenken und sich selbst über die wahre Natur der Dinge zu belügen, dann nervt mich das zwar unglaublich, aber wer bin ich denn, ihm das ausreden zu wollen?
Wenn sich jemand eine gute, praktikable Idee von mir zu eigen macht, sie zu etwas unausgegorenem und undurchführbaren verwurstet, zerredet und aufbauscht, bis nicht einmal die Essenzen sich mehr gleichen, so kann mich das durchaus verärgern, aber ich bin nicht verantwortlich dafür.
Soll ich dann auf diese Menschen wie auf einen toten Gaul einprügeln, um sie wieder auf den Pfad zu bringen?
Ich denke nicht!
Wozu denn?
Jeder hat ein Recht auf sein eigenes Quantum Fehler.
Goddess, ich habe da ja auch meine persönliche Sammlung! Und die haben mich ja zu dem gemacht, was ich heute bin. Aus Fehlern lernt man, sie prägen, sie sind sinnvoll!
Also will und kann ich niemandem die Möglichkeit auf diese Art Lerneffekt verwehren!
Was jedoch nicht heißt, dass ich mich da anschließen muss, wenn mal wieder eine Herde den Pfad verlässt und durch Dickicht, Morast und freies Gelände marschieren möchte, auch wenn ich genau weiß, dass der Weg ins Nichts führt.
"Du kannst nicht jeden retten, Hasselhoff!"
Genau!
Was ich jedoch machen kann, ist, die Konsequenzen für mich zu ziehen.
Ich weiß nicht, ob es am letzten Samhain (Neumond stand zu dem Zeitpunkt im Skorpion) lag, aber es hat in letzter Zeit nicht nur bei mir "geknallt".
Ein Bekannter aus dem Forum, ein wahrer Ausbund an praktischem wie theoretischem Wissen, selber Betreiber einer Neoheidnischen Website und ein gutes Beispiel für gelebtes persönliches Heidentum, hat vor kurzem seinen Ausstieg aus der Welt der Heidenforen verkündet, unter anderem mit der Begründung, dass er es müde ist, immer wieder das gleiche Verhalten bei den meisten Vertretern der neuheidnischen Glaubensrichtungen im Internet zu beobachten, immer wieder Fehleinschätzungen richtig zu stellen, immer wieder auf Ignoranz und Unverständnis zu stoßen.
Ich bedauere seine Entscheidung, denn wie gesagt, er hätte soviel zu erzählen, so viel an erarbeitetem Wissen weiterzugeben.
Aber was bringt das, wenn er damit auf taube Ohren trifft?
Er hat ja recht, sein gelebtes Heidentum wird durch das Internet nicht berührt!
Im Real Life hat er viel mehr Möglichkeiten, sein Wissen weiter zu geben und zwar an Menschen, die es auch wirklich interessiert! Und das nicht nur durch Worte, sondern mit Taten.
Und da lohnt sich dann auch der Atem und der Schweiß, den man braucht, um zu erklären und Wissen weiter zu geben! Da wäre nicht wieder alles in den Wind gesprochen!
Ich teile da seine Meinung und auch seine Müdigkeit und Überdrüssigkeit.
Denn, ich denke, daran krankt es im WorldWideWeb:
Zuviele Leute beschränken ihre Taten, ihre großen Worte eben auf dieses Medium. Keine Substanz, die den nächsten Tag, die nächste Woche überlebt!
Ein Beispiel brachte er, in dem er anführte, dass "wahre" Heiden laut einer verbreiteten Meinung im Internet ständig im Wald rumlatschen und mindesten drei, vier Krafttiere ihr eigen nennen müssen. Zusammen mit dem entsetzlichen Dogma, dass alle Heiden naturreligös zu sein haben und sich sooo um die Umwelt kümmern, trifft das tatsächlich auch meine Hauptkritikpunkte am "Internetpaganismus"!
Hallo, ich sitze hier an einem PC, der, bis auf meinen, ganz und gar, unheidnischen Wäschetrockner so ziemlich der größte Stromsauger in meinem Haushalt ist! Ich darf mir nun aussuchen, ob ich hier gerade Atomenergie nutze oder aber Steinkohle vergeude. Selbst, wenn der Strom aus Wasserkraft erzeugt wird, so sind dazu mannigfache Eingriffe in bestehende Öko-Systeme notwendig.
Wäre ich wirklich so umweltbewusst, ließe ich die Kiste einfach bis auf das Lebensnotwendigste aus!
Aber das ist ja jetzt nicht das Thema.
Jedenfalls merke ich, wie mir in letzter Zeit immer häufiger die Galle hochkommt, wenn ich sehe, wie im Internet vollmundig große Ideale postuliert werden, und ich dabei das Gefühl nicht loswerde, dass diese genau so lange halten, bis der PC heruntergefahren wird.
Und das trifft nicht nur auf die Heidenszene zu, sondern eigentlich auf alle Bereiche.
Mich beschleicht immer mehr der Verdacht, die Leute, die wahrhaftig sind, die auch im Leben, zu Hause, auf der Straße, wo auch immer sie gerade sind, genau die Ideale vertreten, die sie hier so propagieren, kann man an einer Hand abzählen.
Wahrhaftigkeit ist etwas, was man meist im Internet vergeblich sucht! Papier ist geduldig und eine Tastatur erst recht!
Und da komme ich wieder zum Anfang dieses Beitrages zurück:
Ich stehe also an dieser Weggabelung und überlege, ob ich nicht einfach abbiege und meinem Weg folge.
Das Problem wäre dabei, dass ich dabei einige dieser wenigen, mir lieb gewordenen, wahrhaftigen Menschen verlassen müsste, die noch nicht bereit sind, die Konsequenzen zu ziehen, aus welchen Gründen auch immer...
Ein bisschen abbiegen geht ja leider nicht...
Ich denke, noch bin ich nicht bereit, sie zu verlassen. Allerdings merke ich, wie mir langsam aber sicher der Geduldsfaden zu reißen droht. Nicht bei diesen Menschen, jeder hat seinen Weg und sein Tempo, sondern mit mir selber, denn ich weiß, bleibe ich auf dem Hauptpfad, dann werde ich nicht glücklich, dann folge ich nicht meinem Wahren Willen.
Und diese, meine Gemütslage wäre Gift für den unverfänglichen Umgang mit Harmoniebärchen, Internet-Aktivisten, Feenstaublern und Protestheiden.
Noch ist meine Entscheidung, welchen Weg ich gehe, ob allein oder doch noch in Gesellschaft, nicht endgültig gefallen. Aber ich kann nun mal nur sehr schwer aus meiner Haut und je länger ich die Entscheidung hinausschiebe, desto unleidlicher werde ich werden.
Und ich habe nie behauptet, dass ich ein netter Mensch bin!
Ich bin ich!
Das mag egoistisch sein, aber wenigstens ehrlich!
He, ich bin ein Stern!
Versuche mal jemand, einen solchen aus seiner Bahn zu schieben.
Viel Vergnügen bei den Folgen!
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Hi Nic,
AntwortenLöschenIch kenne das Gefühl vor einer Entscheidung zu stehen, die man eigentlich (noch) nicht treffen will, nur zu gut.
Genau wie deine Analyse der Internetaktivisten.
Darum beschränken wir uns nur der Recherche wegen auf dieses Medium, haben unseren Foren-Versuch aufgegeben und agieren sonst im RL. Ich hatte ja erzählt, was für Großmäuler und Möchtegern-Helden das angezogen hatte.
Diese Maulhelden-Einstellung, große Reden schwingen, aber wenn es mal an's Eingemachte geht, den Schwanz einzuziehen, kotzt genauso an, wie die Wegdiskutierer und Vogelstrauß-Problemlöser.
Ich denke, die Ursache liegt wirklich am Medium. Für viele scheint ihre Internetaktivität nur eine Art Gameplay zu sein. Nimmt man sie jedoch beim Wort, wird ihnen klar, dass ihre Charaktere auch im RL bestehen müssen und dort eben kein Respawn möglich ist, sind sie schneller weg, zurück an ihren sicheren "Armour-Shield" Monitor, als man gucken kann.
Ne, dann lieber Telefon-Kette und Email-Kontakt und Neuzugänge nur durch Mundpropaganda, persönliche Empfehlung und Gesichtskontrolle. ;-)
Aber du bist tough, du wirst schon zur rechten Zeit die richtige Entscheidung treffen. Deine wahrhaften Menschen werden sie dann bestimmt verstehen und akzeptieren. Also mach' dir keinen Kopf!
LG
V.
PS: Samstag wieder? Ich würd' mich freuen!
Hi Spielmann,
AntwortenLöschen>Ne, dann lieber Telefon-Kette und Email-Kontakt und Neuzugänge nur durch Mundpropaganda, persönliche Empfehlung und Gesichtskontrolle. ;-)
Aber dann müsste man doch auf öffentlich breitgetretenes gegenseitiges Schulterklopfen und Lorbeerkranz verteilen verzichten...das geht doch nicht!!!
Was nützt es ein Held zu sein, wenn man es nicht der ganzen Internetwelt kundtut??? >;->
Merkst du, ich bin schon auf Zynismus-Dauerbetrieb...inklusive sehr kurzer Zündschnur...
>PS: Samstag wieder? Ich würd' mich freuen!
"Sie haben Post!" *g*
Bis dann
Nic
Du hast mir aus dem Herzen geschrieben, auch wenn mein Geduldsfaden noch nicht am Reißen ist.
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Astraryllis