Mich deucht, es ist was faul im Staate Dänemark!
Und das stinkt mir persönlich in letzter Zeit gewaltig!
Und damit meine ich jetzt nicht die augenblickliche politische Situation hier bei uns oder sonst wo auf der Welt, sondern beziehe mich dabei durchaus auf die religiös-spirituelle Ebene.
Ich habe hier und anderswo ja schon einige Male erwähnt, dass ich der Auffassung bin, jeder solle das recht haben, zu glauben, was er will, so lange er dieses Privileg auch jedem anderen zugesteht.
Leider leben wir aber nicht in
Utopia und die Zeit bringt es mit sich, dass immer wieder einige Strömungen teilweise recht extremistische Wege beschreiten. Hinzu kommt, dass einige "Machthaber" ihren und den Glauben ihrer "Untertanen" dahingehend instrumentalisieren, politische Ziele zu verfolgen. Da braucht man nur einmal einen Blick über die Geschichte, aber auch auf die Gegenwart zu werfen. Die Ära der "Heiligen Kriege", in der eine religiöse Rechtfertigung für die Verwirklichung handfester wirtschaftlicher und politischer Ziele vorgeschoben werden, haben wir noch lange nicht hinter uns gelassen.
Religion, wie jedes Konzept, jede Ideologie (hier völlig wertfrei gemeint!), so meine Meinung,
kann sich als Opium des Volkes erweisen, wobei ich jedoch die rigorose Konsequenz, wie Marx sie vertrat, und somit jede Art der Religiosität als Gefahr sah und deswegen ablehnte, auch als falsch empfinde.
Nicht der Glaube ist eine Bedrohung, sondern eher die Gläubigen, je nach dem, wie sie ihre Überzeugungen auslegen und praktizieren, und welche Ziele sie oder ihre Anführer damit verfolgen mögen.
Nun könnte man denken, dass gerade
Christentum und
Islam sich zum Missbrauch geradezu anbieten, weil sie einerseits ein sehr starkes Dogma vertreten, andererseits aus ihren Heiligen Schriften die Rechtfertigung zur Mission oder gar "
Läuterung"
der Ungläubigen ableiten könnten. Gerne werden zum Beweis dessen dann gerade die Mord-und-Totschlag- Passagen aus eben Koran und Bibel herangezogen, wobei einige aus dem Alten Testament stammen und sich somit dann auch die dritte, ursprüngliche, monotheistische Religion, nämlich das
Judentum, zum Triumvirat gesellt.
Anders im
Heidentum™.
Wenn man es oberflächlich, auch als selbst Involvierter, betrachtet, gilt dort als einzige Gemeinsamkeit unter vielen Unterschieden, dass man religiöse Toleranz walten lässt. Vom Polytheisten über den Pantheisten und Magier bis zum Freiflieger, alle halten die Fahne der religiösen Toleranz stolz in den Wind. Jeder darf seinen Glauben auf seine persönliche Art leben, Diskussionen gibt es allenthalben höchstens einmal über gewisse Einzelheiten der Umsetzung, meist innerhalb geschlossener Gruppierungen.
Harmonie, Verständigung und gegenseitiger, höflicher, Austausch sind in, Dogma ist "bah". Natürlich weiß man auch über dogmatische Heiden, aber das sind eben
bedauerliche Ausnahmen. Spinner eben, über die man gerne müde lächelt.
Dagegen wäre von meiner Seite ja nichts zu sagen, wie gesagt, von mir aus darf jeder glauben, was er will, solange er mich dabei nicht beeinträchtigt.
Schaut man aber mal hinter die nette Fassade stellt man fest, das es mit der viel gepriesenen Toleranz nicht so weit her ist.
Besonders, aber nicht ausschließlich, wenn es eben gegen die
Monotheisten geht.
Da wird dann, wie oben beschrieben Sätze aus den Schriften herbeigezogen und die Geschichtsbücher nach dunklen Kapiteln abgesucht, womit man die Berechtigung der Ressentiment belegen möchte, es wird in einhelliger Runde seiten- oder stundenlang jeder Wort dreimal umgedreht, bis man nicht nur die Religion, sondern jeden Einzelnen ihrer Anhänger als Hexenverbrenner, Missionseiferer, Kinderverderber und was weiß ich nicht noch alles, entlarvt hat.
Besonders lustig wird es jedes mal dann, wenn sich ein bekennender "Mono", sprich, in 99% der Fälle ein Christ, in die Mördergrube begibt. Dann lauert man quasi schon auf ein falsches Wort, auf den Ansatz eines "
Ich habe aber recht..." damit man ihm dann gleich mal wieder in geballter Entrüstung wegen des Versuchs der Mission eins auf den Deckel geben und gegebenenfalls an das schon von ihm mitgebrachte Kreuz nageln kann.
Okay, ich räume jetzt mal ein, dass ich für ein solches Verhalten noch einen Hauch an Verständnis aufbringen kann, weil ich weiß, dass einerseits die meisten Heiden teilweise recht schmerzliche Erfahrungen mit dem Christentum in ihrem Leben gemacht haben und ich auch die Art Christen kenne, die eben gerne mal Heiden und da besonders deren heidnische Foren heimsuchen. Das sind, neben wenigen wirklichen Fanatikern, in erster Linie mal Trolle, die sich ihr quantum Aufmerksamkeit oder ihre Prügel abholen wollen.
Das rechtfertigt aber nicht, dass deshalb gleich jeder Christ, der in einem Heidenforum aufschlägt, gleich als verdächtig eingeordnet werden muss.
Sehr bedenklich wird es, wenn es um den
Islam geht.
Erstens fehlen vielen Heiden da die persönlichen Erfahrungswerte mit der
gelebten Religion, zweitens interessieren sich Moslems höchst selten für heidnische Thematiken. Mir persönlich sind, was die Forenlandschaft betrifft bisher bewusst nur zwei Angehörige dieser Religion untergekommen, die sich in den Communities zu Hause fühlten und die wurden auch durchaus als gleichwertig akzeptiert, wie im Übrigen, um der Wahrheit genüge zu tun, auch einige Christen.
Wenn man nun denkt, dass auf Grund mangelnder Reibung durch persönliche Verletzungen und Moslemtrolle deshalb der Islam für den Heiden keine Rolle spielt, der hat sich gehörig geschnitten.
Ganz im Gegenteil!
Da keiner wirklich Ahnung von der Materie hat, wird da gerne, im Sinne der zur Zeit so aktuellen, und von einigen gewieften Polemikern zusätzlich geschürte Islamphobie in der Gesellschaft, der Islam breitgewalzt, von hinten bis vorne beleuchtet und durch diskutiert, wie groß doch die Gefahr ist, die vom ihm für unser, nebenbei bemerkt, durchaus christliches, Abendland ausgeht.
Vergesst alles, was ihr jemals über Christenbashing gehört oder selbst erlebt habt, gegen Moslembashing ist dies das reinste Wattebauschwerfen.
Zwar räumt man dann als toleranter Heide zwischendurch einmal ein, dass genau die ein, zwei Moslems, die man persönlich kennt ganz anders sind - soviel Zeit muss sein - aber stimmt dann gleichzeitig in das einhellige
"Der Islam ist die ultimative Gefahr"- Geheule ein.
Und wehe dem Mitglied der Community, das aufgrund von erworbenem Wissen und Erfahrung dagegen spricht.
Sagt mal, mal abgesehen davon, dass ich mich frage, ob es nicht genug heidnische Themen gibt, über die man sich als Heide austauschen kann, besonders wenn man vom Islam keinen blassen Dunst hat, muss man, nur weil es anscheinend mittlerweile zum guten Ton gehört, dass es in fast jedem, wie auch gearteten Forum, abgesehen vielleicht von Garten- oder Haustierforen, mittlerweile mindestens einen
"Der Islam ist scheiße"- Fred gibt, auch da noch auf den fahrenden Zug aufspringen und mit den Wölfen heulen?
Liest sich einer der Beteiligten am fröhlichen Moslembashing auch mal nachher durch, was er da so verzapft hat?
Ich will ja nicht dem Gott
Godwin huldigen, aber teilweise kommt mir dabei schon der Gedanke, dass die Moslems die neuen Juden sind.
Egal was passiert, der Moslem ist
schuld.
Hohe Arbeitslosigkeit. Der Moslem ist schuld.
Verdreckte Straßen, klar, da wohnen ja so viele von den Moslems...
Kriminalitätsrate steigt. Kein Wunder, wir haben ja so viele moslemische Migranten.
Bildungsdebakel an den Schulen. Klar, bei dem hohen Anteil an Migrantenkindern.
Überhaupt, mittlerweile ist doch in den Köpfen schon das Wort "
Migrant" gleichbedeutend mit Kopftuch und Moschee, soweit dürfte es schon sein.
Dieses "
Uh,uh, die sind die Bösen, die sind die Fanatiker, die Gotteskrieger! Wir sind doch um so vieles besser!" geht mir mittlerweile dermaßen auf die Eierstöck, das glaubt ihr gar nicht!
Der Tropfen, der das Fass bei mir zum Überlaufen brachte, weshalb ich mich entschlossen habe, mir hier mal ein für alle mal Luft zu machen, bevor ich platze, war allerdings kein x-ter Mono-Bashing-Thread auf einer heidnischen Plattform, sondern ein Thread in einem politischen Forum, in dem es um Ambitionen der Politik bezüglich der "Christianisierung der neuen Bundesländer" ging.
Ausgeartet ist das in ein religiöses Verbalgekloppe zwischen Christen und Atheisten, wobei sich echt keine Partei was schenkte. Wohlgemerkt,
das in einem Kreis, der sich gleichwohl für
Freiheit und Gleichheit als gemeinsames Ziel einsetzt.
Geht's noch?
Langsam denke ich, Marx hatte vielleicht doch recht...
Nochmal zum Mitschreiben:
Ich habe
grundsätzlich nichts gegen
konstruktive Auseinandersetzung in Glaubensfragen.
Auch habe ich durchaus
meine Gründe, warum ich eben
kein "Mono" bin (oder vielleicht doch? *g*) und auf Mission dankend verzichte, sei sie noch zu unterschwellig. Aber da reicht mir persönlich ein freundliches "
Nein, danke!". Ich muss den Missionar nicht auch noch zusammenfalten, um mich zu bestätigen.
Auch sehe ich als Thelemit eben das
Liber OZ als für mich bindend an.
Das hat auch weniger mit Toleranz, als mit sich selbst aufrecht erhaltenden Grenzen und den
Kosmischen Gesetzen zu tun.
Oder auf gut deutsch:
Solange mir keiner wiederholt und mit voller Absicht auf den Pinsel geht, bin ich total flauschig.
Deshalb bin ich kein besserer Mensch! Ganz bestimmt nicht! Ich bin.
Was mir persönlich so gegen den Strich geht, ist eben, wenn der hehre Anspruch, den man besonders in Heidenkreisen, in Abgrenzung zum Mainstream, erhebt, eben so überaus tolerant und offen zu sein, genau da endet, wenn ein gemeinsamer potentieller Feind am Horizont auftaucht.
Wenn die Fanatiker in den
eigenen Reihen eben als
bedauerliche Einzelfälle deklariert werden, die der
Gegenseite jedoch als die Regel, als
Prototyp des Gläubigen schlechthin.
Wenn, dann bitte gleiches Recht für alle!
Und wenn der Gegenüber aus religiösen Gründen unbedingt sein Sprüchlein loslassen muss, bitte. Es sei ihm gegönnt. Dann kann man das abhaken und zur Tagesordnung übergehen, meinetwegen auch ausdiskutieren, warum nicht, aber dann bitte sachlich, ohne Polemik und ohne hinterhältiges Fallenstellen!
Ein sehr nettes Argument für die große Gefahr, die von den Christen und besonders den Moslems ausgeht, fällt mir da ein, das gerne immer wieder herangezogen wird, wenn alle anderen Argumente versagen:
"
Schaut doch mal in deren Foren. Da zeigen sie ihr wahres Gesicht! Da hetzen sie gegen alle, die nicht ihrer Überzeugung sind!"
Ja, ne, ist klar!
Und was macht man gerade selbst in trauter Runde?
Thorshammer schnitzen?
Havamal rezitieren?
Tarot legen?
Um 'nen Baum hüpfen?
Hallenhalma spielen?
Eben!
Als Abschluss und feine Spitze möchte ich den Hobbybashern, gleich welchen Glaubens oder Nicht-Glaubens, gerne noch ein paar warme Worte des
Rabbi Jeshua ben Jossef auf den Weg geben:
- Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.
- Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.
- Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge?
- Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen?, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge.
- Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst.
- Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen, damit die sie nicht zertreten mit ihren Füßen und sich umwenden und euch zerreißen.
(Quelle: Matthäus 7, 1-6 (Bergpredigt - Vom Richtgeist) Lutherbibel 1984)
Anmerkung:
Ich weiß natürlich, dass, was ich gerade an den
Heiden™ kritisierte, nicht auf alle zutrifft, genauso wenig, wie es eben das
Heidentum™ überhaupt gibt. Ich hatte das Vergnügen auch sehr viele heidnisch orientierte Menschen virtuell und im RL zu treffen, auf die eben das alles nicht oder nur bedingt zutrifft. Wir sind schließlich auch alle keine Übermenschen.
Einerseits war die
Verallgemeinerung von mir durchaus
beabsichtigt, um eben jenen, die nur zu gerne, sei es aus knallharten, argumentativen Gründen oder
nur aus Bequemlichkeit und Gedankenlosigkeit verallgemeinern, mal den Spiegel vor zu halten.
Andererseits, wieso soll ich nicht auch mal bashen dürfen, wenn das doch so unglaublich interessant zu sein scheint?
Vielleicht merken diejenigen, die sich hier, und wenn auch nur ein klein wenig, wieder erkennen, mal, wie sich das anfühlt.
Mag sich jeder den Schuh anziehen, wenn er ihm passt. ^^