"Bildung ist wichtig, vor allem wenn es gilt, Vorurteile abzubauen.
Wenn man schon ein Gefangener seines eigenen Geistes ist, kann man wenigstens dafür sorgen, daß die Zelle anständig möbliert ist.
"
Peter Ustinov
„Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“

Benjamin Franklin


Montag, 11. Januar 2010

Weshalb - Wieso - Warum

Jeder, der Kinder hat, kennt die "Warum-Phase" bei seinem Nachwuchs.
Da wird dann alles hinterfragt, warum der Löffel Löffel heißt, warum man nachts schlafen muss, warum man was auch immer gerade tun muss, wieso man atmet, sieht, fühlt, denkt, wieso man überhaupt lebt.
Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass einem als Elternteil dabei manchmal nicht nur die Antworten und der Atem ausgehen, sondern auch die Geduld. Auch, wenn ich mir immer die größte Mühe gegeben habe, die Fragen meiner Kinder nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten, rutschte mir dann auch bisweilen irgendwann ein "Weil das so ist!" heraus.
Ja, auch jemandem, der ohne Punkt und Komma reden kann, wie mir, geht irgendwann der Wortschatz aus. Bringt aber auch nicht viel, wenn denn auf den wirklich dummen Spruch dann ein erneutes "Warum?" folgt. (spätestens da zieht man dann als Mutter ernsthaft in Erwägung, weiteren potenziellen Nachkommen schon mal rein profilaktisch das Sprechen gar nicht erst bei zu bringen....)

Auch meine Eltern haben sich mit einer Engelsgeduld immer die Mühe gemacht, meine Frage zu beantworten. Was sie selbst nicht wußten, haben sie zusammen mit mir in Büchern nachgelesen. Der Griff zum Knaur  gehörte bei uns zum täglichen Ritus und als ich dann endlich selbst lesen konnte, bekam ich mein erstes mehrbändiges Lexikon (und meine Eltern hatten wahrscheinlich die Tränen der Erleichterung in den Augen.) Später folgten dann diverse Fachbücher über die Wissensgebiete, die mich jeweils in dem Augenblick gerade am meisten beschäftigten.
Nicht, dass sie mich damit ruhig gestellt hätten, aber die Diskussionen, vorwiegend beim Abendessen oder abends beim Fernsehen, wurden wesentlich interessanter. Manchmal entbrannten hitzige Debatten darüber, wer denn nun Recht habe, dann sprang man auf und rannte los und holte Stapelweise Bücher zu dem Zweck, die These des anderen zu widerlegen oder schneller als der andere auf die Antwort zu stoßen.
Natürlich fand ich es als Kind dann natürlich als triumpfalen Sieg, wenn sich herausstellte, dass sich zum Beispiel mein Vater mit seiner Erklärung auf dem Holzweg befand. Allerdings war das dann auch immer ein kolektiver Sieg, weil wir uns gemeinsam freuten, dass wir die Lösung der augenblicklichen Frage gefunden hatten.

Einige Dinge habe ich so gelernt:
  • Wenn man etwas nicht weiß, fragt man nach. Unwissenheit ist keine Schande, nur das "Nicht-wissen-wollen", weil man sich damit selbst beschränkt.
  • Man kann nicht alles wissen, aber man sollte wissen, wo man sich schlau machen kann.
  • Auch Autoritäten, wie Eltern bzw. Erwachsene, aber auch Vorgesetzte, sind nicht allwissend.
  • Respekt verdienen nicht die, die sich auf ihrem Status ausruhen, nach dem Motto "Ich habe Recht, weil ich der Ältere (Schönere, Klügere, etc.) bin.", sondern jene, die ihre Unkenntnis oder ihren Irrtum einräumen und die Größe beweisen, dies zuzugeben und bereit sind, dazu zu lernen.
  • Man lernt nie aus.

Einen Nachteil hatte diese Art der Erziehung dann schon:

Ich bin nie der "Warum-Phase" entwachsen. Noch heute will ich immer noch den Kern einer Sache auf den Grund gehen, wissen wieso etwas so ist, wie es ist und dem Ursprung und gewissen Zusammenhängen auf die Spur kommen und noch heute brauche ich bloß ein Stichwort, um fast manisch in Büchern oder, dem Internet (wie gut, dass es das heutzutage gibt, erspart mir manch schlaflose Nacht, bis ich, wie in meiner Jugend, endlich in die Bücherei komme um da dann ganze Regalreihen auszuleihen!) nach der Antworten auf plötzlich auftauchende Fragen zu recherchieren. Das kann im besten Fall einige Minuten dauern, im schlimmsten Fall aber auch Stunden, Tage und Wochen. Und sie (moi) wardt nie mehr gesehen....

Und dazu kommt noch etwas.
Ich kann es einfach nicht sein lassen, ständig Motivationen von Personen zu hinterfragen. Welche Ziele verfolgt er, was will er erreichen, warum tut er genau das, was er gerade macht. Nicht das ich deshalb übertrieben misstrauisch oder gar paranoid gegenüber meinen Mitmenschhen wäre.
Nur, bisweilen fallen mir dabei Dinge auf, oder, besser gesagt, es werden gewisse Schlüsselreize aktiviert, die weitere Fragen aufwerfen und mich nachdenklich werden lassen.
(Darum sind mir wohl gerade die Gradlinigen am liebsten, die sagen was sie denken, auch, wenn es weh tut. Damit kann ich umgehen, wesentlich besser, als wenn mich das Gefühl beschleicht, dass da irgendeine Absicht, ein Ziel, verfolgt wird. Böse Falle! Während ich mich nämlich dann zurücknehme und quasi auf höfliches Stand by schalte, macht sich die "Rote Bestie" in mir dann schon einmal zum Sprung bereit. Manch einer, der mich zu manipulieren versuchte oder hinters Licht führen wollte, durfte mit "ihr" schon Bekanntschaft machen. *fg*)

Blöd auch, dass ich diese Einstellung auch an meine Kinder weitergegeben habe. Nicht dass ich mich nicht freue, dass sie immer wieder auf's neue nach Wissen und Erkenntnis streben, aber leider gehört dazu ja auch, alles zu hinterfragen, jedwede Aussagen meiner Person, bedauerlicherweise, eingeschlossen.

Das ist nervig und anstrengend, aber irgendwie für mich auch ein gutes Gefühl.
Wenn sie schon mich, die sie kennen und der sie vertrauen, immer wieder auf den Prüfstein bringen, dann werden sie auch nicht irgendwelchen Bauernfängern, Meinungsmachern und Populisten auf den Leim gehen.

Aus dem Blickwinkel betrachtet, verzichte ich dann natürlich gern auf meinen Gott-Status bei meinen Blagen...

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