"Bildung ist wichtig, vor allem wenn es gilt, Vorurteile abzubauen.
Wenn man schon ein Gefangener seines eigenen Geistes ist, kann man wenigstens dafür sorgen, daß die Zelle anständig möbliert ist.
"
Peter Ustinov
„Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“

Benjamin Franklin


Dienstag, 16. März 2010

Brave New World - Spionagetechnik im Elternhaus

Gerade wurde ich durch eine Statusmeldung vom Sir auf Facebook auf diesen Artikel aufmerksam:


"Amerikanische Eltern können jetzt Handys abhören, Nachrichten abfangen und ihren Nachwuchs jederzeit verfolgen. Ganz wie im Film."

Lest es euch durch und weint. Nämlich um die Persönlichkeitsrechte der Kinder, aber auch um die armen Eltern, die so etwas nötig haben.

Neue Waffen für die Leute mit Kontrollzwang.

Es seht zudem zu befürchten, dass dieser Mist auch noch reißenden Absatz findet. Nicht nur in den USA, wo immer noch teilweise ziemlich altmodische Vorstellungen existieren, sondern auch hier bei uns.

Mir ist schon öfters unangenehm aufgefallen, dass manche Menschen der Auffassung sind, Kinder hätten  kein Recht auf eine Privatsphäre.
Wo kämen wir denn auch hin, wenn man solche abstrusen Ansichten verträte?
Anarchie im Kinderzimmer! "Sodom und Gomera!" "Zu Hülfe!"

Und die bespitzelnden Eltern können sich auch noch einreden, dass das ja nur zum Besten ihres Nachwuchses geschieht, denn  dort draußen lauert ja das "Böse" und im Internet sowieso, wie uns Uschi und all die anderen ja hinreichend bewiesen haben.

Es soll ja schon immer Eltern gegeben haben, die immer und jederzeit wissen wollten, wo ihre Kinder sich gerade befinden, was sie so treiben und mit mit wem.

Es gibt da ja auch diese GPS-Chips, die man in die Kleidung oder den Rucksack ein nähen kann. Natürlich nur zum Schutz der Kinder vor Entführungen durch "böse Onkels".
Mich hat das aber mehr an die elektronischen Fußfesseln erinnert, wie sie schon in einigen Ländern, vorne weg, natürlich USA, gebräuchlich sind, um Straftäter, die eigentlich wegen geringfügiger Delikte ins Gefängnis müssten, stattdessen unter Hausarrest zu stellen.
Es gab auch schon immer Eltern, die sich nicht zu schade dazu waren, die Post ihres Nachwuchses zu öffnen, oder heimlich das Tagebuch nach "verdächtigen" Inhalten zu durchforsten.

Naja, und nun gibt es eben das Rundrum-Sorglos-Paket für Eltern mit geheimpolizeilichen Ambitionen. 

Wie wär's denn mal damit, eine Vertrauensbasis aufzubauen, die so einen Bullshit per se überflüssig macht?
Wie wäre es damit, Kindern Medienkompetenz beizubringen oder ein gesundes Maß an Skepsis gegenüber Fremden?

Nö, das ist wahrscheinlich zu anstrengend. 

Es mag aber auch schwierig sein, den eigenen Kindern zu vermitteln, dass sie ein recht darauf haben "Nein! Stopp! Bis hier hin und nicht weiter!" zu sagen, wenn jemand ihnen zu nahe tritt, ihre Intimsphäre missachtet, wenn die eigenen Eltern die im Grunde selbst nicht respektieren oder auch nur in Erwägung ziehen, diese Grenze zu verletzen.

Vertrauen aufbauen und Selbstvertrauen stärken ist nämlich ein langer harter Weg.
Misstrauen und Kontrolle, dagegen, sind viel leichter und finden, da stets unterschwellig mitschwingend, auch sehr schnell ihre Bestätigung. Denn wenn man den eigenen Kindern nicht vertraut, dann werden sie das sehr schnell mitbekommen und sich eben auch dementsprechend verhalten. Sie werden dann nämlich zu machen und ihre Privatangelegenheiten zu "Geheimnissen" werden lassen und dann auf jeden Fall für sich behalten.

3 Kommentare:

  1. Meine Eltern haben es früher so gehandhabt, wenn wir raus gingen, wollten sie im groben Wissen wohin wir gehen, damit sie eine Ahnugn haben, okay, da sind wir. Aber wenn wir dann mal woanders unterwegs war, weil es an dem Ort zu langweilig war, mussten wir uns nicht bei ihnen abmelden oder derartiges. Sie haben uns definitiv vertraut. Und ich muss zugeben, im nachhinien bin ich doch sehr froh darüber.

    Klar, da draußen gibt es "böse Onkels", darüber brauchen wir uns keine Illusionen machen. Das Problem ist ja aber, dass in der Familie teilweise noch bösere Onkels leben können.

    Kinder sollten nicht nur Selbstvertrauen beigebracht bekommen, sondern auch das Vertrauen, es ist in Ordnung den "bösen Onkels" auch mal in den Hintern zu treten (also ein Selbstverteidigungskurs, tat meinem Bruder gut, ich konnte mich selber leider nicht dafür begeistert, was ich bis heute bereue).

    Aber dieser Überwachungswahn geht definitiv zu weit. Wenn ich meinen Kindern nicht vertraue, ganz ehrlich, warum sperre ich sie dann nicht gleich ein und verbiete ihnen das Leben (um es mal bissig zu sagen). Damit erzieht man keine selbsständige Kinder, sondern abhängige Wesen, die sich irgendwann nicht mehr trauen, auch nur einen Schritt alleine zu tun.

    Vor etwa zwei Jahren habe ich im Asi-TV einen Bericht gesehen, wo eine Familie die Wohnung mit Kameras ausgestattet haben, damit sie ihr Kind immer überwachen können (bis auf ihr Zimmer, da konnte sich die Kleine noch dagegen wehren).

    Zwar wünsche ich mir, dass das keinen Nährboden findet, aber ich befürchte, dieser Wunsch ist nur ein Traumgebilde :(

    AntwortenLöschen
  2. Genauso haben es auch meine Eltern gehandhabt. Ich geh spielen bedeutete erst einmal, dass ich mit dem Rudel Nachbarskinder irgendwo entweder auf dem Spielplatz oder dem großen Feld hinter den Häusern waren.
    Aber, naja, wie das so ist, wir sind dann auch schon mal in den Wald oder zu dem einen oder anderen nach Hause.
    Meinen Eltern war wohl klar, dass man Kinder nicht festbinden kann.

    Hauptsache, ich war zum Abendessen wieder pünktlich zu Hause.

    Ich denke, das Vertrauen, dass mir meine Eltern entgegen brachten, hat auch vielmehr dazu beigetragen, dass ich mich immer an die Deadline gehalten habe, als irgendwelche Verbote oder Restriktionen.

    Thema "Böse Onkels" hat meine Mutter auch ab und zu dezent angesprochen, was im Endeffekt dann einmal zu einer wilden Verfolgungsjagd im Supermarkt führte *g*(das ist aber allein schon eine Geschichte wert), aber unsere Straße war (und ist) im Prinzip ein Dorf im Dorf und da haben alle Eltern immer auf alle Kinder ein wenig geachtet.
    Und wie du sagst, die "Onkel" lauern ja weit weniger "da draußen" als eben vielmehr innerhalb des Familien- und Freundeskreises.

    Die Asi-Doku habe ich übrigens auch gesehen. Mit der Mutter, die immer gleich die Hand am Handy hatte, wenn sie ihre Tochter über den Monitor bei etwas "verbotenem" ertappt hatte.
    Coole Aktion, als die Tochter mit der Freundin alle Kameras in der Wohnung abgedeckt hatte. Das Mädel war glücklicherweise trotz des Überwachungsterrors ziemlich tough.
    Zeigte aber auch sehr schön, wie ich finde, wie schnell Eltern wegen so einem Quatsch gegenüber ihren Kindern das Gesicht verlieren können. *fg*

    AntwortenLöschen
  3. Mit dem Spielen gehen war es bei mir wie bei Euch. Aber als ich 14 war, hat mein Vater mal mein Tagebuch in seinem Arbeitszimmer gehabt. Ich habe ihn zur Rede gestellt, und er hat behauptet, er hätte es nicht gelesen, aber da brach für mich das Bild vom perfekten Papa auf einen Schlag zusammen. Auch das Anklopfen an der Kinderzimmertür finde ich eine total wichtige Sache, nicht erst, wenn Kinder zu Teenies werden. Wozu haben sie denn ein eigenes Zimmer, wenn sie es nicht als Schutzraum für sich nutzen können?

    AntwortenLöschen