"Bildung ist wichtig, vor allem wenn es gilt, Vorurteile abzubauen.
Wenn man schon ein Gefangener seines eigenen Geistes ist, kann man wenigstens dafür sorgen, daß die Zelle anständig möbliert ist.
"
Peter Ustinov
„Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“

Benjamin Franklin


Donnerstag, 30. Dezember 2010

Wenn die Angst vor Terror zum ERROR führt...

Ich wollte ja eigentlich längst im Bett sein, aber dann erinnerte ich mich wieder daran, dass vorgestern eine Meldung bei der Chaos Inc. (also meinen Kindern und mir) einschlug wie eine Bombe.

Fluggäste sollen in Risikogruppen eingeteilt werden

"Deutsche Flughäfen schlagen vor, Reisende nach ihrer ethnischen Herkunft zu kontrollieren. Israel versucht bereits, so Terroranschlägen vorzubeugen."
Quelle: Die Zeit-Online

Ich zitiere aus dem Artikel:
"Die deutschen Flughäfen schlagen im Anti-Terror-Kampf ein "Profiling" nach israelischem Vorbild vor. Auf israelischen Flughäfen werden Passagiere in "Risikogruppen" unterteilt und unterschiedlich streng kontrolliert. Die Kriterien sind ethnische Herkunft, Religion, Alter und Lebenssituation des Passagiers. Offenbar sind auch Reiseroute, die Zahlungsweise, und der Ort, an dem das Ticket gekauft wurde, relevant.
"Auf diese Weise können die Kontrollsysteme zum Wohle aller Beteiligten effektiver eingesetzt werden", sagte der designierte Präsident des Deutschen Flughafenverbandes (ADV), Christoph Blume, der Rheinischen Post. "

Bei allem Verständnis für Sicherheit, aber das ist Rassismus und Diskriminierung erster Güte, mit keinem Argument zu rechtfertigen, sondern verstößt nicht nur gegen Art. 3, Abs. 3 unseres Grundgesetzes, sondern auch gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN.

Mittlerweile ruderte Blume zwar wieder zurück, und nennt es nun, nur noch "eine von vielen Möglichkeiten" zum Schutz vor Terror, aber allein, dass man schon auf so eine Idee kommt, ist dermaßen von abwegig, dass ich mir einen Kommentar nicht verkneifen kann.

Wie darf ich mir das überhaupt vorstellen?
Müsste man dann direkt beim Betreten eines Flughafens den Pass vorzeigen, oder würden die dann mit der Leibesvisitation und dem Filzen des gesamten Gepäcks, inklusive Peinlicher Befragung des Reisenden bis zum Check in warten?
Überhaupt, wie sollte man aus einem Passport etwas über die Religion oder die Lebenssituation in Erfahrung bringen?
Es liefe also zuerst einmal auf den bloßen Augenschein heraus. Ähm, ja, nur mal so als Gedankenstütze, es gibt auch Deutsche, die so aussehen.

Allerdings soll es ja  auch Menschen geben, die "verdächtig" aussehen und "verdächtigen" Nationen angehören, aber keiner "verdächtigen" Religion angehören, Aleviten oder Kopten zum Beispiel.
Und selbst, wenn alles passt, heißt dass noch lange nicht, dass man ein potentieller Terrorist ist. Millionen Leute verreisen tagtäglich mit dem Flugzeug in aller Herren Länder.Und sicher sind da auch ein paar hunderttausende Moslems drunter, denn darum dreht sich die ganze Sache doch.

Andersherum gibt es auch eine Menge deutscher Konvertiten, Marke Pierre Vogel, denen man es nie im Leben ansehen würde, dass sie 'ne Schraube locker haben.

Man kann weder an Äußerlichkeiten, noch an irgendwelchen Risiko-Markern feststellen, ob da einer was im Schilde führt oder nicht. Es gibt schlicht keine Kontrolle des Unkontrollierbaren. 
Wann hören endlich diese bescheuerten Pauschalisierungen und Vorverurteilungen auf?

Ansonsten könnte man ja bald wirklich eine öffentliche Kennzeichnungspflicht für diese Risikogruppe einführen. Diesmal eben den Roten Halbmond, statt des Gelben Sterns.

Israel als Beispiel ist ja wohl der reinste Hohn. Jeder müsste mittlerweile wissen, wie die mit ihrer "ethnischen" Problemgruppe, sprich Palästinensern, umgehen, Die haben nämlich bei den Besten gelernt.
Und nein, das ist nicht antisemitisch von mir, sondern realistisch, etwas, dass in diesem Lande so langsam aber sicher flöten geht.
Dass England die Idee ebenfalls aufgreift, wundert mich übrigens überhaupt nicht. Ich weiß noch, wie die mit ihren irischen "Gastarbeitern" in den siebziger Jahren umgegangen sind, als die IRA noch richtig aktiv war. Hat das Verhältnis zu einander ungemein gestärkt, muss man sagen.



Man kann echt kaum noch so viel essen, wie man kotzen möchte...


Weiter Links:

Radio Hamburg: Profiling am Flughafen?

Dienstag, 28. Dezember 2010

Der Mythos "unpolitisch" - Der K(r)ampf mit der Distanzierung

Inspiriert von dem gleichnamigen Beitrag auch NPD-BLOG.INFO, in dem es darum geht, dass "Kamerad" Marcus Winter mal wieder einen Event geplant hat, möchte ich einmal kurz meine Gedanken zu dem Thema "Distanzierung" in Worte fassen.

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber wenn mir jemand im Verlauf einer Konversation mit dem Spruch vom "unpolitisch" kommt, dann werde ich immer hellhörig. Klar, Ausssagen, Ansichten, Religionen, Musik, Kunst im allgemeinen, können durchaus unpolitisch sein, in dem Sinne, dass man bewusst keine politische Botschaft damit transportieren möchte.

(Natürlich spielt auch immer die politische Einstellung des Urhebers mit hinein, auch wenn er sich dessen nicht bewusst ist, weil es eben Teil seines Wertekanons darstellt, bzw. gilt dasselbe für den Konsumenten, der eben als subjektiver Betrachter, Zuhörer etc., die Deutungshoheit inne hat. Auch Menschen, die sich überhaupt nicht für Politik interessieren (soll es ja geben) verfügen trotzdem über eine durchaus politisch zu interpretierende Meinung. ) 

Dann bedarf es aber meiner Meinung nach nicht noch dieses expliziten Hinweises.

Ich habe durchaus auch Ansichten, die nicht der gängigen Auffassung von Political Correctness entsprechen. Ich lasse mir eben nicht gerne vorschreiben, was ich sagen oder gar denken darf und unterwerfe mich nicht irgendeiner, wie auch immer gearteten, Öffentlichen Meinung.

Auch ich sortiere nicht wirklich streng Musik nach "mit gutem Gewissen hörbar" und "uh,uh, böse Nazimucke". Es gibt da Stücke, die gefallen mir aufgrund des Arrangements oder auch der Texte, obwohl deren Urheber durchaus rechts eingestuft werden können. Gute Musik bleibt trotzdem für mich gute Musik.
Ich habe z.B. auch die Schriften Evolas gelesen und kann über seine Theorie sachlich diskutieren. Einige seiner Aussage finde ich zumindest nicht verkehrt. Trotzdem trennen mich und ihn, was Wertvorstellungen und politische Einstellung betrifft, Welten!
Theosophie finde ich interessant, auch wenn ich weiß, dass sie sehr schnell in Ariosophie umschlagen kann.
Was Nietzsche in seinem "Ecce Homo" über die Emanzipation schreibt,  kann ich, als Frau, nur aus vollstem Herzen bejahen, auch wenn ich damit riskiere, von "emanzipierten" Frauen geteert, gefedert und nachher gesteinigt und verbrannt zu werden. Ganz besonders von einigen "Heidinnen"...
Ich hasse das Binnen-I...

Zu alldem bedarf es von mir keinerlei Distanzierung. Das ist einfach so. Wie gesagt, die Interpretation der Inhalte liegt ja bei mir und wer sich die Mühe macht, meine Ansichten und mein Handeln in ihrer Gesamtheit zu betrachten, wird schnell merken, wie ich ticke.

Ich vertrete mittlerweile die Meinung, je mehr man sich distanziert, desto verdächtiger macht man sich.
Die Frage, die man sich stellen sollte, muss doch lauten: Wie "unverfänglich" ist die dargestellte Auffassung denn wirklich gemeint, wenn direkt im nächsten Augenblick gleich eine Abgrenzung zu ähnlichen, jedoch  "fragwürdigem" Inhalten getätigt wird?
Welche Leiche im Keller soll denn da verborgen bleiben?

Ich kann ja nichts für das Kopfkino meiner Mitmenschen, allerdings sagen mir gewisse gedanklichen Verknüpfungen meist mehr über deren Innenleben, als mir lieb ist.

Wer in einen "heidnischen" Menschen einen "Satanisten" sehen will, der wird einen sehen.
Wer jeden Christen oder Muslim als Feind der Freiheit einstufen will, wird fündig werden.
Wer in seinem Gegenüber einen Spinner sehen will, wird ihn vor sich haben und wer einen Asatru oder auch Okkultisten als einen "ewig gestrigen Nazi" abtuen möchte, wird so lange wühlen, bis er die Beweise gefunden hat.

Das darf aber nicht dazu führen, dass man sich rechtfertigt, bevor man überhaupt angeklagt wird.
Und selbst dann finde ich es noch besser, ruhigen Gewissens (soweit vorhanden) auf den Vorwurf mit einem Achselzucken und einem "Du hast Recht und ich hab' meine Ruhe!" zu antworten, als stunden- oder seitenlang an einer Plädoyer zu seiner Verteidigung zu feilen, und auf Absolution zu hoffen, obwohl offensichtlich ist, dass die Beschuldigung an den Haaren herbeigezogen wurde oder einfach auf pure Ignoranz zurückzuführen ist  ...wie arm ist das denn?


Und zu guter Letzt auch ein paar Worte an die politisch korrekte Gegenseite:
Wer ständig, wegen jedem Mist "Wölfe, Wölfe!" schreit, der muss sich nicht mehr wundern, wenn niemand mehr auf ihn hört, wenn dann tatsächlich einmal Wölfe auftauchen.
Ganz davon zu schweigen, dass diese "Wölfe" dann gerne übersehen werden, weil man zu sehr damit beschäftigt ist, jedem zahmem "Haushund" bösartige Absichten zu unterstellen

Dienstag, 21. Dezember 2010

Merry Winter Solstice!

I wish everyone everywhere a blessed winter solstice, Yule, Christmas, or whatever you have to celebrate this days!



"Abrogate are all rituals, all ordeals, all words and signs. Ra-Hoor-Khuit hath taken his seat in the East at the Equinox of the Gods; and let Asar be with Isa, who also are one. But they are not of me. Let Asar be the adorant, Isa the sufferer; Hoor in his secret name and splendour is the Lord initiating."AL I - 49

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Mord Nr. 3 - Töte den Gedanken

Nachdem hier ja schon eine Reihe von Morden begannen wurden, möchte ich heute einmal über die Funktion des Denkens sprechen.

Krischnamurti sagt dazu:
"Es gibt keine Gedankenfreiheit, denn jedes Denken ist konditioniert." 
Das ist der Grund, warum ich im Laufe der "Mord-Serie" immer wieder darauf hinwies, dass Begriffe stets unter der Berücksichtigung der sozialen, kulturellem und religiösen Zusammenhänge des Einzelnen, sowie seiner persönlichen Erfahrung und Wahrnehmung verstanden werden, man dies erkennen und sich davon lösen müsse.

Selbst, wenn wir uns eben dieser Konditionierung nicht bewußt sind, so ist sie doch vorhanden und beeinträchtig unser Empfinden. Mehr noch, man denkt mit dem Bewußtsein, es drängt sich somit auch in die rein geistige Ebene.

Wir Menschen nehmen Sinneseindrücke wahr - Geschmack, Geruch, Geräusche, Farben, jede kleinste Information und verarbeiten sie sogleich, ziehen unsere Schlüsse daraus und werten sie dann für uns.
Denken ist im Prinzip nichts anderes als eine Hochrechnung von Fakten, erlernten und erlebten und vergessenen, woraus wir Schlussfolgerungen ziehen und dadurch zu temporär für uns gültigen Ergebnissen kommen.
Man mag das Wahrheit nennen, aber diese Wahrheit ist höchst subjektiv und flüchtig.
Jedesmal, wenn neue Fakten dazu kommen, läuft das "Programm" erneut ab.

Im Prinzip also nichts anderes als das, was jeder Computer mit einer guten Datenbank-Software und einer größtmöglichen Anzahl an Variablen auch zu stande bringt. Nur eben, dass dieser den Vorgang wesentlich neutraler und schneller absolvieren kann, da er sich eben weder ablenken noch durch Irrationales oder Unterbewußtes beeinflüssen lässt. Zwar gibt es mittlerweile ja Programme, die in der Lage sind, zu lernen, also aus gemachten "Erfahrungen" Schlüsse für zukünftige Aktionen zu ziehen, aber mit dem menschlichen Lernen und somit Denken hat das wenig zu tun, wenn es sich dabei nicht gerade um pathologische Naturen handelt.


Darum käme nie jemand auf die Idee, einer Maschine wirkliches Denken oder gar irgend eine Art der Vernunft zu zubilligen. Eben weil er vollkommen kalt und neutral ist. Wenn er überhaupt "denkt" dann in einer rein dualistischen Art - 0 oder 1, nein oder ja.

Das Denken läuft bei einem Menschen jedoch wesentlich differenzierter ab. Trotzdem ist es ein rein dualistischer Vorgang.
Wieso?
Nun, sobald wir denken, Betrachtungen vornehmen, etwas zu erfassen, zu begreifen, zu durchschauen oder zu verstehen versuchen, in dem wir darüber sinnieren, tun wir immer das gleiche: Wir trennen Inneres und Äußeres in Ich und Außenwelt, in Wollen und Realität, in Weg und Ziel, in Gegenwart und Zukunft und so fort.
Im Buddhismus nennt man das den Affengeist.
Wie ein Affe turnen wir gedanklich ständig herum, hangeln uns von einem Gedanken zum nächsten, bewerten, katalogisieren, verwerfen und begehren, wollen das eine und das andere nicht und versuchen Wahrheit und Wirklichkeit zu erlangen und es von Falschem und Illusion zu trennen. Dabei verlieren wir aber genau das, den Bezug zur Wirklichkeit (im Sinne von "was wirklich ist") und auch Wahrheit.

Schwer zu verstehen, ich weiß, und noch schwerer für mich es in Worte zu fassen. 
Es ist mit den Gedanken so ähnlich wie mit einem Besuch in der Eisdiele.
Man hat so richtig Lust auf ein Eis sofort schießt einem "Schoko!" durch den Kopf und geht also ins Eiscafé mit dem festen Vorsatz, ein Schokoeis zu bestellen. Dann sieht man all die anderen Sorten und der Affe beginnt zu toben: "Vanille wäre aber auch toll...also Schoko und Vanille...hm... Waldbeer...das sieht so lecker aus, aber da passt Schoko ja gar nicht zu...eigentlich hab ich ja mehr Appetitt auf was Fruchtiges, also Waldbeer und Zitrone..ui. Pfirsich haben die auch, hatte ich ja ewig nicht mehr...was ist denn das Blaue, wie das wohl schmeckt...aber wenn ich das nicht mag..."
Versteht ihr, was ich meine?
Am Anfang war da mal der kristallklare Wunsch nach einem Schokoeis, am Ende hat man irgendwas anderes und vielleicht dazu noch so ein unbefriedigendes Gefühl. Der Affe hat alles durcheinandergebracht.

Ähnlich sieht es mit den Gedanken hinsichtlich unserer Wirklichkeit aus. Anstelle etwas als wirklich, wahr, zu nehmen, entfernen wir uns durch unsere Gedanken davon, was nun tatsächlich wirklich ist, immer weiter und weiter von der Wirklichkeit, der Realität.
Dadurch, dass wir das analysieren, was an Sinneseindrücken ständig auf uns eindringt, schaffen wir quasi eine Parallel-Welt zum Realen, zum Wirklichen, nämlich die Welt in unserem Kopf. Aus dem "Ist" wird somit ein "Könnte sein".
"Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er, oft
unter gewaltigen Opfern, für sein Leben hält, oder eine Reihe von
Geschichten, die mit Namen und Daten zu belegen sind, so daß an ihrer
Wirklichkeit, scheint es, nicht zu zweifeln ist. Trotzdem ist jede
Geschichte, meine ich, eine Erfindung."

Max Frisch
Ein für mich bemerkenswertes Zitat in diesem Zusammenhang. Es besagt nicht, dass Menschen lügen, wenn sie von Begebenheit aus ihrer auch nur kurz zurückliegenden Vergangenheit oder ihrem Leben berichten. Oder doch, allerdings unwissentlich.
Das liegt zum Teil daran, dass jeder Mensch über eine individuelle Wahrnehmung verfügt.
Wenn da ein Stein liegt und hundert Menschen gehen an ihm vorüber, dann nimmt jeder ihn auf seine spezielle Art war, jeder sieht ihn ein wenig anders.
Das ist das eine.
Das andere wäre, in dem Augeblick, wenn ich an diesem Stein vorüber gegangen bin, beginnen meine Gedanken aus dieser Begebenheit etwas zu konstruieren, was so gar nicht stattgefunden hat. Wie er da hingekommen ist, zum Beispiel, wie lange er da liegt, wie seine Zusammensetzung war etc.
Das alles ist jedoch irrelevant.
Da war ein Stein, aus.
Aber durch unsere Gedanken wurde möglicherweise aus "Da ist ein Stein!" schon ein "Da ist nur ein Stein!" oder aber sogar "Da war kein Stein!" Damit nehmen wir ihm jedoch schon einen Teil seiner Bedeutung in der Realität bis hin zur Verleugnung seiner Existenz.

Wie hinderlich der Denkprozess sein kann, erkenne ich persönlich immer daran, wenn ich lese.
Es passiert, dass ich dabei über einen Satz stolpere, der ein Reaktion bei mir auslöst. Er spricht rein intuitiv etwas in mir an.
Dann ertappe ich mich dabei, wie ich zwei Seiten weiter immer noch über den Satz und eben über diese meine Reaktion darauf nachdenke. Einerseits habe ich dann keinen blassen Schimmer mehr, was auf den vorherigen zwei Seiten stand, weil ich gedanklich noch bei dem einen Satz war, ich bin also nicht mehr "in dem Buch", sondern woanders, andererseits hat sich in meinem Bemühen, der Reaktion gedanklich auf die Spur zu kommen, dieses Gefühl bereits verändert oder aber verflüchtigt.
Lese ich den Satz dann erneut, nehme ich ihn anders wahr, er hat sich verändert, möglicherweise so, dass ich die Reaktion nicht mehr nachvollziehen kann. Anstatt also dem Gefühl zu folgen, dass ich beim Lesen empfand, erlangte mein Logos die Oberhand. Und aus war's mit meiner reinen Wahrnehmung, meiner Inspiration und Intuition.

Ein anderes Beispiel war, als ich anfing, mich mit dem Liber Al vel Legis zu beschäfigen. Das war übrigens auch ein Schlüsselerlebnis, was mich überhaupt dazu brachte, über die Thematik des Denkens und der Problematik, die daraus einstehen kann, zu beschäftigen.

Ich versuchte es erst einmal rein intelektuell zu entschlüsseln.
Äm, ja, wer es kennt, wird sich schon ausmalen können, dass ich damit nicht sehr weit kam. Zumindest hatte ich ja noch das "Liber Al für Kinder" (eher für Dummis), wo mit einfachen Worten beschrieben war, um was es überhaupt geht. Außerdem war es weder die erste Schrift über Thelema, noch der erste, kryptische oder sonst anspruchsvolle Text, welchen ich jemals gelesen hatte. Trotzdem biss ich mir daran wirklich die Zähne aus. Ich war schon fast so weit, zu denken, ich wäre zu blöd für das Gesetz.

Dann kam es dazu, dass ich, wie ich es oft tue, im Bett vor dem Schlafen noch etwas in eben diesem Buch las. Da ich ziemlich müde war, driftete ich dabei schon langsam weg, als mir plötzlich die Bedeutung eines Absatzes wie ein Blitz durchfuhr. Also las ich in dem Zustand des "Benebelt-seins" weiter und konnte kaum glauben, dass ich das vorher nie gesehen hatte. Mir ging nicht nur ein Licht auf, sondern ganze Kronleuchter. (das Gefühl kenne ich, das sind die Augenblicke, die im Gedächtnis haftenbleiben! Es gab da mal ein ähnliches Schlüsselerlebnis, als ich "Hanto yo" gelesen habe. Seither sehe ich die Native Americans nicht mehr auf diese widerlich romantisch-verklärte Art, wie sie leider immer noch üblich zu sein scheint. Aber dazu schreibe ich vielleicht später mal etwas).

Und hier ist der Punkt, wo dieser Beitrag über das Töten des bewussten Denkens sich mit dem verbindet, was ich schon in den anderen beiden bisherigen "Tötungsdelikten" über das Hinschlachten des Willens und des Buddhas schrieb.

Sobald wir bewußte Denkprozesse starten, passiert nämlich genau das, was ich dort beschrieb.
Einerseits verfolgen wir damit eine Absicht, und sei es auch nur Wissen zu erlangen oder zu tieferer Erkenntnis zu gelangen, und werden dabei Opfer all dessen, was wir bisher in unserem Leben bewußt und unbewusst aufgenommen haben. Wir "verstoßen" dabei also nicht nur gegen das Gesetz des Dao und erliegen somit den "Leid verursachenden Emotionen" oder Geistesgiften, wir schleppen auch noch all die "Buddhas" im Sinne von Lehren und Lehrmeinungen, negative, wie positive, mit uns, die uns auf im bisherigen Leben begegnet sind.
Unsere Gedanken sind nämlich im Grunde nicht unsere Gedanken, sondern die Summe, aller Erfahrungen, Lernprozesse und Überlegungen, mit denen wir bis dato konfrontiert wurden.

Das heißt jetzt nicht, man solle das Denken ganz lassen oder, wie man so schön sagt, es den Pferden überlassen, weil die ja bekanntlich den größeren Kopf haben.
Nur, man sollte lernen es zu dosieren. Nach-sinnen, Nach-denken, Überlegungen anstellen, Paralellen ziehen, ist im Nachhinein durchaus wünschenswert und nützlich.
Meiner Meinung nach resultieren eine ganze Reihe der Probleme in der Welt ja daraus, dass Menschen zu wenig denken. Aber, mindestens genauso viele Probleme entstehen dadurch, dass Menschen zu viel, oder besser, zur falschen Zeit denken.
Dadurch vernachlässigt man nämlich seine Intuition und damit im Grunde das, was uns miteinander und mit der Welt noch in Verbindung hält und was wir alle noch, meiner Meinung nach, in uns tragen, dem Dao eben.


Hier schließt sich dann auch der Bogen zu meinem Tiphareth-Beitrag , ohne dass ich dies bewusst beabsichtigte.
So wie sich der Etz Chaim darstellt, laufen alle bewussten Denkprozesse nämlich im zweiten Abschnitt des Baumes (man erinnere sich: er stellt nichts anderes als sowohl den Mikrokosmos - Mensch als auch den Makrokosmos - Universum dar) ab. Im Bereich Braih, der auch, aus gutem Grund, die "Welt der Kreation" genannt wird, der Ort, an dem auch Tiphareth, das Selbst, zusammen mit Geburah und Chesed, liegt. Zusammen miit dem unteren Teil Jetzirah ( Josod, Hod und Netzach) bilden sie eben unsere irdische (erdverbundene), physische Existenz. Das Ego/Selbst, die Einzelperson, die wir sind (eigentlich vielmehr vorgeben oder annehmen zu sein).


Hier liegt auch das "Übel", welches Descartes' Philosophie des Rationalismus für mich ausmacht und sich in dem einen Satz "Cogito ergo sum!" manifestiert. (wobei ich seine Theorie nicht generell ablehne und seine reine Methodik durchaus sehr nützlich sein kann. Auch hier gilt "Alle Worte sind heilig und alle Propheten wahr; ausgenommen nur, daß sie ein wenig verstehen" Ich sagte ja, bewußtes, analythisches, rationales Denken an sich ist ja nichts negatives!)
Das Problem, welches ich sehe, ist eben die Hinwendung auf den Absolutheitsanspruch, dass Denken und Sein untrennbar miteinander verbunden sind und die starke Gewichtung auf den Verstand als alleinige Instanz der Existenz (und Gottesbeweis...ich habe auch mal mathematisch die Existenz Gottes berechnet, kam allerdings zu einem anderen Ergebnis: Gott existiert = Gott existiert nicht ^^)
Der Mensch ist aber eben keine Maschine, wie ein PC, sondern auch zu einem nicht geringen Anteil geistig. Pure, physische Existenz ist eben nicht "Sein".
Menschen auf eine rein vernunftbegründete Existenzbebene zu beschränken, heißt sie auch von allen anderen "Existenzen" abzugrenzen und nimmt ihnen so die Möglichkeit, mit diesen in Verbindung zu bleiben. 
Und, der wichtigste Punkt überhaupt und Knackpunkt des Rationalismus und des Zeitalter der Aufklärung, man beraubt ihn dadurch, wenn man dem Ansatz in aller Konsequenz folgt, eines ganz entscheidenden Aspekt seiner Selbst, nämlich eben des Geistigen, was man landläufig mit dem Terminus Spiritualität zu umschreiben versucht.


Belassen wir es einstweilen einfach dabei, dass "Ich denke, also bin ich!" zusammen mit Descartes' zweiter Quintessenz aus den Meditationes de prima philosophia "Ego sum, ego existo!" im Prinzip eben die beiden unteren Abschnitte des Baum des Lebens zusammenfassen.

Damit bleibt eigentlich nur noch ein Mordopfer übrig.


To be continue