"Bildung ist wichtig, vor allem wenn es gilt, Vorurteile abzubauen.
Wenn man schon ein Gefangener seines eigenen Geistes ist, kann man wenigstens dafür sorgen, daß die Zelle anständig möbliert ist.
"
Peter Ustinov
„Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“

Benjamin Franklin


Sonntag, 31. Januar 2010

"Verfolgte" Evangelikale in Deutschland - Homeschooling wirklich Patentrezept?

Dass Christen sich zunehmend hinsichtlich ihres Glaubens verfolgt sehen, ist eins der Themen, welches ich immer mit einer gewissen kritischen Distanz betrachte.
Meist geht es dabei ja um christliche Gemeinden in größtenteils muslimischen Ländern.
Finde ich jetzt auch nicht besonders toll, da ich erstens der Meinung bin, dass die freie Religionsausübung eins der grundlegendsten menschlichen Rechte ist und zweitens empfinde ich gerade die Disharmonie zwischen "verschwisterten" Religionen (Mutterreligion Judentum) doch immer als etwas befremdlich. (Nein, eigentlich nicht. Die Erklärung liegt für mich gerade in der nahen Verwandtschaft. Aber, weil ich jetzt darauf nicht näher eingehen möchte, nenne ich es einfach einmal Familienkrach oder, weitaus treffender Generationenkonflikt).

Weitaus kritischer sehe ich jedoch diese bemängelte religiöse Verfolgung, wenn, wie bereits mehrfach vorgekommen, christliche Missionare in nicht-christliche Länder entsendet werden, und dort zu Schaden kommen.
Augenfällig dabei ist, dass es sich meist um Mitglieder evangelikaler Sekten handelt, wie z.B. in dem Fall, der beiden, am 12. 06.2009 im Jemen, ermordeten Studentinnen der Bibelschule Brake, Anita G. (24) und Rita S. (26). Siehe hierzu den Artikel "Christen auf gefährlicher Mission" des Tagesspiegels und einen sehr aufschlussreichen wie kritischen Blogbeitrag "Die seltsamen Heiligen der Bibelschule Brake"



Wie man sieht, nimmt man von Seiten missionswütiger fundamentalister Christen anscheinend den Tod junger Menschen billigend in Kauf, mehr noch, diese Jugendlichen sind schon so indoktriniert; dass sie sogar "freudig" in den Tod marschieren.

Wer dies noch im Rahmen der freien Entscheidung jedes Einzelnen tolerieren möchte, dem sei gesagt, dass man nur dann von Freiheit der Entscheidung sprechen kann, wenn die jeweiligen Personen auch in der Lage sind, eine solche zu treffen.

Das dies ziemlich fraglich ist, sieht man jedoch bei fundamentalistischen Christen, und darum handelt es sich bei Evangelikalen, besonders daran, wie sehr sie, auch auf Berufung des Artikel 4 GG, bemüht sind, ihre Kinder vor dem Einfluss der "Außenwelt" abzuschotten.

Zu einem beispielhaften Fall, in dem die Eltern bis vor das Bundesverfassungsgericht gingen, habe ich mich in dem Blogbeitrag "Religöses Empfinden der Eltern contra Schulpflicht..." bereits damals schon  geäußert.
Immernoch bin ich, nicht zuletzt auch als Mutter, über die Begründung der Eltern entsetzt:
"Aus Sicht der Eltern beruhte das teilnahmepflichtige Projekt mit dem Titel "Mein Körper gehört mir" auf einer "absolut einseitigen emanzipatorischen Sexualerziehung". Den Kindern werde vermittelt, sie allein dürften über ihre Sexualität bestimmen und sich dabei einzig auf ihr Gefühl verlassen - womit Gottes gute Gebote aufgehoben würden. Auch von der Karnevalsveranstaltung hielten sie die Jungen unentschuldigt fern, weil Fastnacht in ihren Augen ein katholisches Fest ist - obwohl es während der Feier Turn- oder Schwimmunterricht als Alternativangebot gegeben hätte." (Hervorhebung durch den Autor)

Es ging dabei immerhin um eine Prävention gegen Kindesmissbrauch!
Aber daran sieht man, meines Erachtens, auch sehr gut, dass es evangelikalen Christen in der Erziehung wohl weniger darum geht, ihre Kinder zu eigenständigen Persönlichkeiten reifen zu lassen, als vielmehr darum, sie in der, ihrer Meinung nach, Gott gewollten Frömmigkeit zu erziehen. Wo dabei die Freiheit der Entscheidung bleibt, darf sich jeder selbst beantworten.



Nun machte eine neue Entwicklung in den letzten Tagen Schlagzeilen.

Eine Familie aus Baden-Württemberg hat nun in den USA, Bundesstaat Tennessee, politisches Asyl, auf Grund religiöser Verfolgung in Deutschland (!), beantragt und auch gewährt bekommen.
Die Geschichte hat ein drei-jähriges Vorspiel, in dem die Eltern sich vehement weigerten, der Schulpflicht ihre fünf Kinder über drei Jahre lang nachzukommen, zuerst mit der Begründung, die Schulbücher enthielten Formulierungen und Vorstellungen, die nicht mit den Werten der Familie vereinbar seien.
"Ein Schlüsselerlebnis für ihn soll ein Schulbuch gewesen sein, in dem obszöne Ausdrücke für Geschlechtsverkehr stünden". Romeike nennt dies "unchristliches Treiben""
Später gaben sie an, ihre Kinder hätten unter "Klassendruck" und "Gewalt unter Klassenkameraden" zu leiden gehabt.
Gespräche mit dem Schulleiter kamen ebensowenig zu einem Ergebnis, wie der Vorschlag, die Kinder auf andere, konfessionsgebundene, Schulen zu schicken. Es war also nicht so, als hätte Familie Romeikes keine Wahlmöglichkeit offengestanden. Selbst eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht brachte für die Eltern nicht das erwünschte Urteil.
Familie Romeikes bestand weiterhin darauf, ihre Kinder zu Hause selbst zu unterrichten. "Homeschooling" nennt man das, und dies ist nun einmal in Deutschland verboten.

Links zum aktuellen Fall und der Vorgeschichte:

"Auf Gottes Wegen" 02.04.09 Sueddeutsche Zeitung
"Flucht vor der Schulpflicht" 06.04.09 Sueddeutsche Zeitung
''Peinlich für Deutschland'' 27.01.10 Sueddeutsche Zeitung
"Schulpflicht: US-Asyl für deutsche Schulverweigerer" 27.01.10 FOCUS Schule
"USA gewähren deutscher Familie politisches Asyl"  27.01.10 Spiegel
"US-Asyl für deutsche Schulverweigerer" 27.01.10 Heute.de
"Kopfschütteln über US-Asyl" 27.01.10 Der Westen

Nun darf man sich ernsthaft fragen, warum die betreffende Familie keinen anderen Ausweg fand, als in den USA Asyl, wegen religiöser Verfolgung, man kann es nicht oft genug betonen, zu beantragen.
Immerhin stand es ihnen ja frei, auch in Deutschland eine Schule zu finden, die ihren Ansprüchen an die Erziehung ihrer Kinder genüge getan hätte.
Um diesen Schritt zu verstehen, muss man wissen, dass zum einen gerade die Evangelikale Szene dort über eine riesige Lobby verfügt, zum anderen Homeschooling durchaus als gleichwertige Alternative zum herkömmlichen Schulbesuch betrachtet wird. Dies machte in einem so großen Land und in Hinblick auf die Siedlungsgeschichte auch durchaus einmal Sinn. Ist also im Prinzip ein ebenso archaisches Erbe, wie das Recht eines jeden Amerikaners, eine Waffe tragen zu dürfen.
In anderen Ländern, in der die geringe Bevölkerungsdichte und somit Entfernungen von mehreren hundert Kilometern zur nächsten Schule einen Besuch fast unmöglich machen, ist gegen Hausunterricht im Prinzip nichts zu sagen. (In Australien, findet der Unterricht, zum Beispiel, am Funkgerät statt.)

Das Problem, welches ich sehe, ist allerdings Homeschooling durch die Eltern eben im Zusammenhang mit deren fundamentalistischem Glauben.

Man muss sich dabei vor Augen halten, dass es eben gerade die Evangelikalen sind, die zum Teil wenig Wert auf Toleranz gegenüber anderen Lebensstilen zeigen. Hinzu kommt, dass sie bei Kritik an ihrem Glauben  teilweise nicht vor aggressivsten Reaktionen zurückschrecken, wie zum Beispiel gegen die Autoren einer Schülerzeitung, die sich kritisch über die Veranstaltung "Christival" äußerten.
Hierzu ein Mitschnittt des ZAPP-Berichts "Einschüchterung – Evangelikale Christen attackieren Journalisten"


Auch in Bezug auf Homosexualität zeigen sie also gerne ihre Auffassung von "christlichen Werten".


Hierzu noch ein Youtube-Video der kulturzeit, 07.04.09, indem ein ehemals ebenfalls praktizierender Evangelikaler unter anderem berichtet, was er nach seinem Coming out durch seine "Glaubensbrüder" erleiden musste.



Man darf, zum Beispiel, bei Meldungen, wie "Uganda plant Brachial-Strafen für Schwule" auch nicht vergessen, dass dort 85 % der Gesamtbevölkerung Christen sind!

Ich stelle mir also die Frage, in wie weit die Freiheit zur ungestörten Religionsausübung mit solch intoleranten und gerade zu menschenverachtenden Auffassungen konform gehen kann?

Wenn ich nun daran denke, dass Menschen, die Intoleranz gegenüber der sexuellen Ausrichtung und des Glaubens anderer Menschen als Gott gewollt ansehen, welche die Wahrung des Rechts auf freie Meinungsäußerung, wenn sie mit ihrer nicht konform geht, als Ketzerei bezeichnen, die Homosexuelle lieber "bekehrt" oder tot sehen wollen, als einfach zu akzeptieren, dass es auch andere Lebensweisen gibt, als die ihre, nun auch noch jeden Einfluss von Außen von ihren Kindern fernhalten wollen, in dem sie sie zu Hause unterrichten, wird mir, ehrlich gesagt, übel.

Wichtig zu wissen ist dabei, dass eben auf Grund der wörtlich Auslegung der Bibel Evangelikale keineswegs als harmlose Splittergruppe der christlichen Kirchen angesehen werden dürfen! (und man sie auf keinen Fall mit evangelischen Christen verwechseln darf!)
Denn, man kann noch so sehr beteuern, dass "es uns wichtig ist, ihnen eine gesunde Herzens- und Charakterbildung zu vermitteln", in Hinblick auf die sonstigen Auffassungen evangelikaler Christen, bleibt fraglich, ob das "Beste" für die Eltern auch das "Beste" für die Kinder sein dürfte.

Dazu passt ein Zitat von Khalil Gibran sehr gut
"Religion beschränkt sich nicht auf das, was ihre Tempel ausstellen und ihre Riten und Traditionen verkünden, sondern darauf, was sich in den Seelen verbirgt und welche Vorsätze in die Tat umgesetzt werden."
Ich sage nicht, dass nicht auch evangelikale Eltern ihre Kinder lieben und sich nicht entsprechend um sie kümmern.
Kinder bedürfen aber zur freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit  nicht nur elterliche Nähe, wie gerne von Anhängern diverser deutscher Homeschoolig-Initiativen als Argument angeführt wird, sondern eben auch die Auseinandersetzung mit "der Welt da draußen" und ihren vielfältigen Einflüssen.
Und zur elterlichen Sorgfaltspflicht gehört nun einmal nicht nur, sie zu lieben und zu schützen, sondern auch sie dazu zu befähigen, sich in der Welt zu behaupten. Und das, bei allem guten Willen, lernen sie nicht, wenn man sie nicht "aus dem Nest" schubst.
Natürlich müssen sie wissen, dass sie mit allem, was sie berührt, immer ein offenes Ohr bei ihren Eltern finden, dass diese ihnen auch bei Schwierigkeiten zur Seite stehen. Aber das heißt, meiner Meinung nach, nicht, dass man sie vor allem Unheil dort draußen beschützt.
Nur Kinder die beides haben, die Konfrontation mit verschiedensten Menschen, die eben nicht alle dasselbe Weltbild und dieselben Werte haben und ein verständnisvolles Elternhaus, werden später zu Menschen, die ihren Weg gehen.

Klar, das Deutsche Schulsystem ist nicht ohne Fehler und es bedarf, meiner Meinung nach, einer umfassenden Reform. Aber sowas fällt nicht vom Himmel.
Mir würde es ehrlich gesagt schon einmal reichen, wenn Lehrer im Rahmen ihrer Ausbildung ein umfassendes Studium der Erziehungswissenschaften absolvieren müssten. Denn, entgegen anders lautenden Meinungen sind sie nämlich immer noch keine Pädagogen. So wie jeder Kinder in die Welt setzen kann, kann jeder, der auf Lehramt studiert hat, auf Kinder losgelassen werden, ob er nun zu dem Umgang mit diesen befähigt ist, oder nicht.
Man kann seine Kinder eben nicht vor allem bewahren, darf es auch gar nicht, denn auch die selbstverantwortliche Bewältigung von Schwierigkeiten gehört zur Persönlichkeitsbildung. Das einzige, was man als Elternteil tun kann, ist, sie so zu stärken, dass sie eben nicht "untergehen".

Ansonsten gehe ich mit Theodor Adorno konform, der schon vor über 50 Jahren eine Erziehung zur Mündigkeit proklamierte.
Auch dazu hier die Aufnahme eines Gesprächs zwischen Adorno und Helmut Becker (1913-1993) aus dem Jahre 1956.



Das Gespräch ist zwar durch Adornos Duktus etwas anstrengend zu hören, aber es lohnt sich auf jeden Fall, da seine Worte immer noch hochaktuell sind.

Genau diese Erziehung zur Mündigkeit ist es, das unserem Bildungssystem fehlt. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass Erwachsene nicht automatisch eine Autorität darstellen und Respekt verdienen, sondern das auch diese sich eben die beiden Attribute durch Worte und Handlungen verdienen müssen. Auch Kindern gegenüber.

Natürlich gehört auch das Vermitteln von Bildung zur elterlichen Pflicht. Die Schule kann zur Zeit nur ein Grundgerüst bieten. So, wie man einer öffentlichen Einrichtung nicht den Erziehungsauftrag allein aufbürden darf, das Vermitteln von Werten, so kann man auch nicht davon ausgehen, dass sie Kindern an reinem  Wissen alles vermittelt. Dort sind natürlich auch die Eltern gefragt, das erworbene Wissen zu vertiefen, Wissenslücken zu füllen und auch den Kindern zu vermitteln, das Erlernte auch kritisch zu hinterfragen.
Allerdings müssen Eltern genau dazu auch in der Lage sein und seien wir ehrlich, das sind die wenigsten. Stichwort "Halbbildung", wozu Adorno auch so einiges verfasst hat. (Dazu gehört übrigens auch, das man Quellen immer überprüft und noch einmal verifiziert, besonders im Internet.)


Und gerade dieses Erziehungsziel, die Erziehung zur Mündigkeit, sehe ich im Heimunterricht durch die eigenen Eltern auch nicht gegeben.
Viele Eltern nehmen ohnehin schon zu viel Einfluss auf die Entwicklung ihrer Kinder, sei es, dass sie bestimmen, welche weiterführende Schule sie besuchen, welche Ausbildung sie ergreifen oder welche Freunde, Sportart, Bücher, Filme für "sie gut sind".

Ob das nun dadurch besser wird, wenn sie auch noch für die Schulbildung ihres Nachwuchses allein verantwortlich sind, ist zu bezweifelnd, staatlich anerkannte Überprüfungen der Lerninhalte mal dahin gestellt.

Ich will nicht, dass meine Kinder so werden, wie ich.
Ich will auch nicht, dass sie meine Meinung unreflektiert übernehmen, nur weil ich ihre Mutter bin.
Ich würde mir nicht zutrauen, sie ganz allein, ohne Einfluss von außen, zu mündigen, sich selbst behauptenden Menschen erziehen zu können.
Ich hätte, obwohl ich die Dinge immer von allen Seiten beleuchte, eher die Befürchtung, sie in einem abgeschlossenen Realitätskokon zu halten, der, durch fehlende äußere Einflüsse zu einem sich selbst erhaltenden Mikrokosmos würde. Ich selbst wollte so auch nicht leben, weil ich, wie jeder Mensch die Anregung und auch Konfrontation mit meiner Umwelt benötige, um geistig gesund und rege zu blieben.

So sehr ich mich gelegentlich nach einem Haus im Nirgendwo sehne, wo im Umkreis von 200 Km kein weitere Mensch lebte, so weiß ich doch, dass ich dort höchstwahrscheinlich nach spätestens einer Woche durchdrehen würde.

Nun, hielte ich meine Kinder von allen äußeren Einflüssen, ob sie mir nun gefallen oder nicht, fern, so wäre dies auf geistiger Ebenen genau mit einem solchen Haus vergleichbar.

Auch dazu hat Khalil Gibran ein paar sehr wichtige wie richtige Zeilen verfasst:

Von den Kindern

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht
des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch,
aber nicht von euch,
und obwohl sie mit euch sind,
gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben,
aber nicht eure Gedanken,
denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben,
aber nicht ihren Seelen,
denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen,
das ihr nicht besuchen könnt,
nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen,
wie sie zu sein,
aber versucht nicht,
sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts,
noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid die Bogen,
von denen eure Kinder
als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit,
und Er spannt euch mit Seiner Macht,
damit Seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Lasst euren Bogen von der Hand des Schützen
auf Freude gerichtet sein;
denn so wie Er den Pfeil liebt, der fliegt,
so liebt Er auch den Bogen, der fest ist.



Zum Abschluss noch ein besonders extremes Beispiel, sowohl evangelikalen Fanatismus, als auch dafür, was zu großer familiärer Einfluss bei Kindern und Jugendlichen anrichten können. So krass, dass es sogar vielen Amerikanern zu weit geht.



Wohl gemerkt, die Kinder dieser Familie besuchen eine öffentliche Schule. Die Kleineren wissen gar nicht, zu was sie da von ihren Eltern benutzt werden.
Aber keine Angst, bis sie groß sind, ist das Erziehungsziel der Eltern  erfolgreich gewesen. Sehr schönes Beispiel für das, was ich weiter oben mit in sich abgeschlossenem Mikrokosmos gemeint habe.
Wie gesagt, ein besonders extremes Beispiel, aber die anderen Evangelikalen in den USA sind nicht wirklich viel besser.

America, home of the brave...

Wer nach diesem Video immer noch der Meinung ist, dass Religionsfreiheit und Toleranz gegenüber Andersgläubigen grenzenlos sein soll, dem ist auch nicht mehr zu helfen.

Dienstag, 26. Januar 2010

Vorbeugende Maßnahmen

Wer es noch nicht weiß, am Mittwoch findet ja in der Staatskanzlei eine Anhörung über den aktuellen Entwurf des überarbeiteten Jugendmedienschutz-Staatsvertrages statt.

Dieser Entwurf sieht unter anderem vor, dass nunmehr auch Inhalte im Internet, wie bereits im Fernsehen üblich je nach Altersfreigabe erst um eine bestimmte Uhrzeit ins Netz gehen sollen.
Nachzulesen unter §5 - Entwicklungsbeeinträchtigende Angebote

Die Altersstufen sind:
 1. ab 6 Jahren,
 2. ab 12 Jahren,
 3. ab 16 Jahren,
 4. ab 18 Jahren.
 Die Altersstufe „ab 0 Jahre“ kommt für offensichtlich nicht entwicklungsbeein-
trächtigende Angebote in Betracht

Das könnte dann zum Beispiel so aussehen:



Es bestünde zudem dann eine Kennzeichnungspflicht auf Altersfreigabe, für alle medialen Inhalte, also nicht nur für Videos, sondern auch für Texte.

Anbieter im Sinne des Entwurfes können Provider, Betreiber eigener Webseiten, und somit eigentlich jeder, der eine Homepage, ein Forum oder ein Blog betreibt sein.


Jeder Anbieter wäre aber nicht nur für die Überprüfung der eigenen Inhalte auf Einhaltung der Jugendfreigabe verantwortlich, sonder auch für die Dritter, wie Kommentaren, Forenbeiträge, Videos und dergleichen.

Inhalte, die der Altersfreigabe der Plattform widersprechen, müsste der Anbieter schnellst möglich entfernen.

Für die Einhaltung von Inhalten auf ausländischen Präsenzen wäre der jeweilige Provider zuständig, der notfalls die Seite blocken nehmen muss.

Weitere Infos entnehmt bitte der Stellungnahme der AK Zensur.

Weitere interessante Einblicke dazu findet ihr auf dem 1&1-Blog  unter dem Titel "Das Ende der freien Kommunikationim Internet?"
bei Twitgeridoo "Orwell’s “1984″ sollte keine Anleitung sein!" und natürlich bei Fefe


Das Problem bei dem aktuellen Entwurf des JMStV dürfte nämlich hauptsächlich darin liegen, dass Otto-Normal-Seitenbetreiber, wie ich es zum Beispiel bin, gar nicht abschätzen können, für welche Altersgruppe die Inhalte hier geeignet sind. Okay, wenn ich jetzt hier Pornos oder gewaltverherrlichende Inhalte verbreiten würde, wäre es ja klar.
Aber was sind denn
"Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit zu beeinträchtigen"
???

Okay, ich könnte mir die Hände auf dem Rücken binden lassen, dann wäre ich auf der sicheren Seite. *g*
Alternativ könnte ich jeden Text den ich hier veröffentlichen möchte, jedes Foto und jedes Video zuerst der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien vorlegen, aber, mal abgesehen davon, dass dies echt ein riesen Aufwand wäre, würde das schlussendlich bedeuten, dass ich hier nur weichgespültes Teletabbi-Zeug bringen könnte.
Und davor, dass nicht irgendeine Kommentar doch für Jugendliche entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte verbreitet, wäre ich damit auch nicht sicher.
Na, und ganz ohne Altersfreigabe wären die Inhalte eben ab 18.
Was wäre denn dann mit Youtube? Die könnten schließen! Oder eben erst ab 23:00 online gehen...

Das Problem an dem ganzen Entwurf ist doch, dass da wieder Äpfel mit Birnen verglichen werden. Internet ist eben nicht Fernsehen 2.0.

Aber durch Fefe bin ich auf die Idee gekommen, schon mal rein prophylaktisch meinen Blog als ab 18 zu kennzeichnen. Wurde ja bereits von Andi aufgegriffen und da schließe ich mich doch gleich mal an.


Also liebe U18-Leser, tut mir ja schrecklich Leid, aber ihr dürft hier nicht mehr lesen. Also geht weiter, vielleicht auf Seiten, wie Blinde Kuh, Kidsweb oder Bravo.de...obwohl, die dürften dann auch nicht mehr unbedingt 24 Stunden im Netz präsent sein.


Kleines Update:
Auch EFKA hat auf seinem Blog ein paar klare Worte zum Thema gefunden und auch gleich mal die Altersfreigabe eingesetzt.

Montag, 25. Januar 2010

Antwort auf Kommentar zum vorhergehenden Beitrag

Weil ich immer noch nicht in meinem eigenen Blog kommentieren kann , ich krieg da immer so eine lustige Fehlermeldungen von Blogspot, Ihr Must be at most 4,096 characters-Code kann nicht übernommen werden., wenn ich mehr als ein Wort schreibe *köchel*, antworte ich eben so auf Nenyas Kommentar zum vorigen Beitrag. (aber ich lass nicht locker...ich lass mich doch von so einem blöden Stück Nullen und Einsen nicht veräppeln....*grrrr*)


"Spiritualität ist in meinen Augen ein Geburtsrecht und jeder sollte es ausleben können ohne dabei schief angeschaut zu werden und das ist bis heute der Fall.
Ich wohne seid einiger Zeit auf dem Land in einem Dorf, sehr christlich geprägt natürlich, das ist schon anstrengend da beim näherem Kennenlernen meine Spiritualität zu erklären ohne für bekloppt gehalten zu werden."

Da hast du vollkommen Recht.

Es ist teilweise schwierig Bekannten zu erklären, woran man nun glaubt, ohne wie der letzte Depp zu wirken. Ich muss dabei an eine befreundete evangelische Theologin denken, die sich in einer ausgiebigen Diskussion über unsere religiösen Ansichten genau in die Richtung geäußert hat: "Mensch, wenn ich das so in der Gemeinde erzählen würde, die würden mich alle für bekloppt halten! Schade, eigentlich..."

Je kleiner der Ort, in dem man lebt, je geringer die Anonymität, desto komplizierter kann das gelebte Heidentum sich gestalten. Besonders wenn man da dann der Einzige und auch noch zugezogen ist. Allerdings haben solch kleinen Orte auch den Vorteil, dass man sich irgendwann durch den normalen Umgang kennt. Dann heißt es zwar immer noch, die ist "komisch", aber auch nicht mehr, wie der Nachbar, der nicht dreimal am Tag den Hof kehrt, oder die Frau, die immer rote Strümpfe trägt. ;-)

Es ist ja nur zu verständlich, dass man es eben irgendwann Leid ist, immer als Eso-Spinner belächelt zu werden und man sich nach der gleichen Akzeptanz sehnt, die man den Anhängern der großen Religionen einfach schon im Vorhinein gewährt, egal ob die nun sauber ticken oder nicht.

Aber das ist auch einer der Hauptkritikpunkte, die ich bei fast allen  Bestrebungen einer Gesamtheidnischen Vertretung sehe und weswegen ich das hier mal  für mich thematisiert habe:
Auf der einen Seite gibt es solche Typen, wie den Allzheimergoofy, der dann auch gleich für alle Heiden sprechen möchte und wer sich nicht ausdrücklich distanziert, hat Pech gehabt, auf der anderen Seite dann solche, die zwar unbedingt nach öffentlicher Akzeptanz des Heidentum streben, aber gleich hinterher schieben, dass man eben nur für Heiden™ in festen Systemen oder aber klar definierten Grenzen sprechen will und auf gar keinen Fall, eben, für "Bekloppte" oder "Feenstaubler" und deshalb am liebsten gleich die ganze Spiritualität außen vor lassen wollen.
Einerseits tun sie damit, meiner bescheidenen Meinung nach genau das gleiche, weswegen heidnisch Orientierte überhaupt nach mehr Öffentlichkeit streben könnten, sie gewährleisten eben ebenfalls keine Akzeptanz gegenüber der Vielschichtigkeit des Heidentums.
Andererseits, wenn sie eben die Spiritualität und damit die Grundlage des Glaubens von Heiden außen vorlassen wollen, wofür wollen sie dann einstehen?
Worüber die Öffentlichkeit aufklären?
Das wir normale Menschen sind?
Einfluss in die Politik?
Sorry, aber den nehme ich bereits selbst, dazu brauche ich nicht noch einen Dach(schaden)verband.
Rechtshilfe bei religiöser Diskriminierung?
Schon einmal ins Grundgesetz geschaut? Artikel 4. (Dadurch wird man aber keine konfessionsgebundene Einrichtung zwingen können, andere als die Anhänger der eigenen Religion einzustellen)
Einführung des Heidentums als Religion?
Öhm....no comment

Ich denke aber, dass dieses Problem wirklich ein rein virtuelles ist.
Im Internet kann man viel diskutieren und auch viel heiße Luft ablassen. Da wird aus einem mickrigen Männlein, dass draußen kaum den Mund aufkriegt, ein Heidenpapst, aus jemandem, der gerne vor allen kuscht und den Hintern nicht von der Couch bekommt, der große Heiden-Aktionist und aus jemandem, der über keinerlei spirituelle Inspiration verfügt, eine Instanz in Sachen gelebtes Heidentum™.
Papier, ob nun real oder virtuell, ist sehr geduldig.
Und das merkt man auch generell am gegenseitigen Umgang im Internet. (er bleibt ja für alle scheinbar ohne direkte Konsequenz, da man dem "Kontrahenten" nicht vis-a-vis gegenüber sitzt.)

Meine Erfahrungen, jedoch, Heiden im RL betreffend, sind was gelebten Glauben, "Öffentlichkeitsarbeit", Zusammenarbeit und das Bestreben um das Verständnis in der Bevölkerung angeht, ganz anders und durchaus positiv.
Da wachsen Gruppen ganz natürlich, da bringen Heiden nicht heidnische Bekannte oder Arbeitskollegen mal mit zum Stammtisch, Blot oder sonstigen Ritualen und Jahreskreisfesten mit. Da redet man nicht nur, sondern tut was zusammen, und Internetplattformen sind keine Bühnen um sich zu produzieren, sondern reine Diskussions-, Informations- und Kontaktbörsen. (Und man merkt es den Menschen mit zunehmender Erfahrung auch in Foren an, ob sie nur virtuell oder auch real sind, an dem was sie sagen und auf welche Art.)

Klar hilft das Heiden, die weit ab vom Schuss und nicht mobil sind, wenig.
Bahnfahren ist auf die Dauer sauteuer, Zeit ist auch immer ein Faktor und dann muss man noch 'ne Gruppe von Leuten finden, mit denen man auch kann...
Ich muss auch immer von hier ins Ruhrgebiet und beim letzten Mal hätte ich beinahe die letzte Bahn nach Hause verpasst. Bei der Sonnwendfeier zusammen mit der "Germanentruppe" meines Freundes sind wir beinahe in einer Schneewehe erfroren, weil wir im Dunkeln den falschen Feldweg hoch gestiefelt sind (und mein Magen hatte sowieso Kirmes...). Das zum Thema "Naturreligion"... ;-)

Aber es lohnt sich...

"Das Heidentum™"

Es liegt in der Natur des Menschen alles zu definieren und zu benennen und in Kategorien einzuordnen. Dies geschieht zuerst einmal nach einem recht groben Raster, wie ein Kind wohl zuerst seine Bauklötze nach Farben ordnen wird. Erst danach verfeinert man seine Einordnung und sortiert weiter, wie dasselbe Kind wohl dann seine Bausteine weiter nach Form und Größe weiter aufteilen wird.
Dabei werden die Gruppen immer kleiner und es entstehen schlussendlich auch eine Vielzahl von Schnittmengen, je  feiner man filtert.
Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Art, wie differenziert die Trennungen in Untergruppen durch eine Person erfolgt,  von vielen Faktoren abhängig ist, wie der geistigen Entwicklungsreife, der Bildung, dem persönlichen Erfahrungs- und Kenntnisstand und somit auch mitunter dem Alter, aber, und das ist besonders wichtig, überhaupt der Bereitschaft sich mit einer bestimmten Materie zu befassen, sei es jetzt auf den speziellen Anlass bezogen oder grundsätzlich.
Sprich, wenn mir etwas wichtig ist, werde ich versuchen, eingehender definieren, als wenn es mir unwichtig erscheint, es nichts zur Sache tut, ich in Zeitnot bin, mir das nötige Wissen fehlt oder es mich schlicht nicht interessiert.

Dieses menschlich Verhalten, ist völlig normal und dient dazu, erste Wahrnehmungen zu verarbeiten, fassbar zu machen, einzuschätzen, zu speichern und so, ganz profan, der Datenverarbeitung im Gehirn.


Nach dieser kleinen Einführung kann ich nun mal zum Thema kommen, dem Heidentum und seiner Definition.
Jeder, der in der Community unterwegs ist, kennt mindestens einen Diskussionsfaden in jedem themenbezogenen Forum, in dem es darum geht, irgendwie eine schlüssige, allgemeingültige oder wenigstens halbwegs befriedigende Erklärung des Begriffes zu finden.
Zusätzlich gibt es dann noch meist diverse verwandte Themenstränge, wie „Wie werde ich Heide?“, „Wie leben Heiden?“, „Ernsthaftigkeit im Heidentum“, „Das Einmaleins des Heidentums“ „Heidentum für Einsteiger“, etc. pp.

Warum meine Aufzählung etwas (selbst-)ironisch anmutet hat die gleichen Gründe, wieso ich, wenn ich über das Heidentum schreibe meist ein ™ (Trademark) anfüge und weshalb ich auch mittlerweile schreiend weglaufe, wenn mir wieder einmal ein solcher Thread vor die Füße fällt.

Weil es das Heidentum ebenso wenig gibt, wie eine allgemein gültige Antwort auf die Frage nach dem „Was ist das?

Meine Antwort auf die Frage lautet meist gebetmühlenartig: „Alles, was außerhalb der drei großen Weltreligionen Judentum-Christentum-Islam steht!“ und damit hat sich das Thema für mich erledigt.
Aber so richtig ist meine persönliche Lieblingsdefinition eben auch nicht

Teilweise bezeichneten sich die Angehörigen der „Großen Drei“ in der Vergangenheit gegenseitig ebenfalls als Heiden, teilweise in ihrer Gesamtheit oder aber nur Splittergruppierungen und tun dies vielfach noch heute.
Teilweise fand und findet diese Bezeichnung auch Anwendung auch Angehörige der eigenen Religion, beispielsweise auf Grund von Schismata oder wegen Konvertierung und da teilweise sogar je nach ursprünglicher Herkunft unterschiedlich.
So fand die Bezeichnung „Heiden“ anfangs im Judentum, später dann auch im frühen Christentum zuerst einmal Anwendung auf die meist polytheistischen Nachbarn, später auch auf zugewanderte Griechen und Römer. Allerdings waren in der jüdischen Tradition damals auch die Anhänger der neu entstandenen monotheistischen Sekte der Christus-Anhänger ganz klar Heiden. (Allerdings bezeichnet das hebräische Wort Goj für Volk eigentlich lediglich, dass die so Bezeichneten sich nicht an die Thora halten)
Nicht zu vergessen, dass für die ins Morgenland pilgernden Kreuzritter und ihren Anhang die dort sesshaften Moslems auch durchaus Heiden waren.
Vereinfacht gesagt:
Als Heiden werden stets jene definiert, die außerhalb der eigenen religiösen Tradition stehen.

Dabei spielt es wie an den Beispielen zu ersehen, auch keine Rolle an welche und viele Götter man glaubt.

Wenn ich also dies alles bei der Definition "Heidentum" berücksichtigen würde, käme ich zu folgendem Fazit:

Heidentum: 
Teilmenge von Anhänger einer oder vieler religösen und/oder philosophischen Richtung(en) oder Religion(en), welche je nach subjektiven Standpunkt des Einzelnen oder einer spezifischen Gruppe in der Definition recht großen Variationen unterworfen sein kann.
Mit anderen Worten:
Es gibt also nicht nur nicht das Heidentum™ und somit auch nicht den bzw. die Heiden™, soweit waren wir ja schon, es gibt nicht einmal eine einzige allgemeingültige Definition des Begriffes Heidentum bzw. Heiden. Außer vielleicht, im Zweifelsfall, die Anderen, die Andersgläubigen.
Was keinen daran hindern sollte, diese Bezeichnung für sich zu benutzen.Smilie by GreenSmilies.com
Solange man sich vor Augen hält, dass sie alles aber auch nichts über die wirkliche Art oder das tatsächliche Spektrum des Glaubens aussagen kann.


Für mich ist es durchaus okay, wenn Heiden sich also die Selbstbezeichnung "Heiden" geben, um sich von den abrahamitischen Religionen abzugrenzen. Meinetwegen von den Weltreligionen, obwohl dazu ja auch Hinduismus und Buddhismus zählen...
So eine positive Nutzung eines vormals abwertend gemeinten Begriffs nennt man Geusenwort. 
Nur, wie gesagt, der Begriff sagt ja erst einmal, was man nicht ist.
Aber er hat sich nun einmal eingebürgert, nicht zuletzt deshalb, weil er kurz und knackig ist.


Dabei könnte man es nun belassen, wenn, ja wenn, es nicht immer Leute gäbe, die noch einen drauf setzen müssen.
Klar, jeder Heide wird versuchen für sich den Begriff auf seine für ihn  plausibelste Art näher bestimmen zu wollen. Auch dagegen ist nichts zu sagen.
Gelungenere Versuche einer näheren Definition findet man beispielsweise unter beim Eldaring, obwohl mir persönlich dort die Aussage, warum Esoterik, Okultismus und Satanismus eben nicht heidnisch sein könnte, etwas zu sehr germanisch-heidnisch anmutet. Ist für mich aber durchaus in soweit vertretbar, da der Artikel eben explizit für die Sichtweise des Eldarings steht.
Aber auch auf der Seite der Pagan Federation findet man einen differenzierten Versuch einer näheren Erläuterung.
Besonders gefällt mir dort der letzte Absatz:
"Moderne Heiden, welche weder von den Gebräuchen einer etablierten Religion noch von den Dogmen einer Heilslehre behindert werden, sind oft kreativ, verspielt und individualistisch und bejahen die Wichtigkeit der individuellen Psyche, welche mit den grösseren Mächten in Verbindung steht. Respekt für das Leben und der Wunsch, mit anderen zu interagieren statt sie zu dominieren, sind stark. Was der Autor Eugene O'Neil "die kreative heidnische Akzeptanz des Lebens" nannte, ist der Leitsatz der modernen Bewegung. Das bringt etwas Neues ins religiöse und soziale Leben, einen Weg des Pluralismus ohne Zersplitterung, der Kreativität ohne Anarchie. Hier taucht eine uralte Strömung in einer an die Bedürfnisse des modernen Lebens angepassten Form wieder auf."


Es muss schließlich bei jeder Wertung einer Definition immer auch bedacht werden, dass man es eben nicht allen recht machen kann. Smilie by GreenSmilies.com
Bisweilen sind die Erwartungen, die Heiden an das Heidentum™ und sich selbst und andere Heiden stellen aber auch zu hoch gegriffen.
Meine Meinung dazu ist, und wird immer sein, dass man nicht davon ausgehen kann, dass man draußen das findet, was man im Inneren vermisst. Sehne ich mich nach Toleranz, individuellem Lebensstil und einem Leben ohne Dogmen, muss ich den Anfang machen und nicht darauf hoffen, dass das eine Gruppe von Menschen für mich übernimmt, auch wenn sie zufällig das gleiche Etikett benutzt.

Wo es bei  mir jedoch absolut aufhört, ist, wenn mir jemand erklären möchte, was wahres Heidentum von gefaktem unterscheidet. 
Bitte!?
Das fängt damit an, dass teilweise nur solche als echte Heiden angesehen werden, die germanische oder keltische Götter verehren, weil die ja hier als autochthon gelten, geht dann hin bis zur Aberkennung der persönliche Selbstdefinition, wenn es jemandem missfällt, dass man nicht mit der Edda, dem Bello Gallico oder sonstigen Bergen an Primär-(pure Ironie) und Sekundärliteratur und dem ultimativen Glaubenskompass ständig überprüft, ob man sich noch nah genug am Fundament des jeweiligen Glaubens™ befindet, oder bereits einen eigenen Weg eingeschlagen hat.

Ganz schräg wird es, wenn dann Heiden bestimmen wollen, ob andere Heiden für sich überhaupt die Bezeichnung einer widerum anderen Heidengruppe tragen dürfen, obwohl erstere einer ganz anderen Richtung entstammen.
Verwirrend?
Vielleicht hilft es dem Verständnis, wenn man sich vorstellt,  ein Christ würde einem Buddhisten verbieten, sich Buddhist zu nennen, weil er einer anderen Schule, als der ursprünglich von Siddhartha Gautama begründeten, folgt.
Klar soweit?
Das sind dann auch meist jene wahren Heiden, die sich selbst dann als unfehlbare Instanz im Aufspüren von sogenannten Fakes empfinden. Sie wittern überall dort, wo das persönliche Fassungsvermögen nicht mehr ausreicht, gleich irgendeinen Troll.
Klar, es laufen auch eine Menge Spinner herum, aber nur, weil sich jemand etwas umständlich oder komisch ausdrückt, heißt das ja nicht gleich, dass es ihm gleich auch an Spiritualität mangelt oder er es nicht aufrichtig meint.
Ich muss auch nicht alles verstehen, was Leute so über ihren Glauben erzählen. Ich muss es nicht mal teilen oder gar gut finden, aber gleich die Ernsthaftigkeit in Frage stellen oder niedermachen, ist ja auch nicht die feine englische Art. Einen eigenen Standpunkt kann ich doch trotzdem vertreten, ohne gleich den meines Gegenübers als Blödsinn abzutun.

Mir gehen zum Beispiel auch diverse Fluffy Bunnies und Junghexen auf den Nerv, die ihr Wissen bisher aus Sendungen wie Charmed und Sabrina bezogen haben, genauso wie mich Pagan-Metal-voll-trve-Christhunt-Jungheidenmännchen wenig ansprechen. Aber wenn ich die gleich verbelle, dann werden die im besten Fall immer auf dem Status quo verharren, im üblesten Fall jedoch genau da landen, wo man nicht so wählerisch ist mit dem Nachwuchs und sie dann eben genau in die Richtung prägt, die keinesfalls wünschenswert ist, sei es bei Pseudo-Germanen rechter Gesinnung oder irgendeiner Hohepriesterin, die sich an den Fluffies eine goldene Nase zu verdienen versteht.
Wir haben ja schließlich alle mal klein angefangen, sind so manchem Irrtum auf gesessen und haben mal spirituell ins Klo gegriffen.
Strange finde ich es auch, wenn sich erwachsene Menschen um eine Hohepriesterin, einen Priester oder Guru scharen und jedes unverständliche Kauderwelsch und jeden Pups, den er im Namen seiner Götter abläßt, dankbar und mit seeliger Entrückung als göttliche Offenbarung entgegen nehmen.
Aber sie sind schließlich alt genug, um zu wissen, was sie wollen, brauchen und tun.

Genauso müssen jene echte Heiden, die zwar bekunden jeden Glauben zu respektieren, aber gleichzeitig an ihrer virtuellen Pforte ein großes Schild hängen haben: "Christen, Esoteriker, Okkultisten, Engelsanhänger müssen draußen bleiben!" wissen, was sie tun.

Es kann mir persönlich doch auch völlig egal sein, ob jemand seine Rituale im wallenden Druidenhemd, in pinkfarbenem Satinrobe mit Glitterborte oder im Nadelstreifenanzug abhält. Genauso egal ist es mir, ob er nu  Odin, Teutates, die große Mutter oder den Rosa Elefanten anruft.
Das entzieht sich genauso einer Wertung, wie den Namen, die er seiner religiösen Richtung gibt. Ist die Bezeichnung schon belegt, sollen bitte diejenigen, die es angeht, darüber befinden, ob sie sich daran stoßen oder nicht und bitte nur die.

Was mich jedoch etwas erstaunt, ist die Tatsache, dass bei diesem ganzen Hauen und Stechen innerhalb des Heidentums™ immer noch ein paar Verwegene die Idee einer Gesamtheidnischen Vertretung verfolgen. Mir ist nie ganz klar, ob ich das nun einfach bloß naiv oder doch schon völlig weltfremd finden soll...Smilie by GreenSmilies.com
Jedenfalls findet da dann auch gleich schon wieder das gleiche Hickhack statt, wie schon beschrieben, nur diesmal macht man sich; unter anderem; Sorgen, ob so manche Aussage eines gemeinen Wald-und-Wiesen-Heiden nicht ein negatives Licht auf das, nunmehr, "Gesamtheidentum"™ werfen könnte.
Meine Güte, wenn's denn sooo wichtig ist, was "die Leute" denken könnten, sollte man sich den Begriff vielleicht tatsächlich urheberrechtlich schützen lassen!  Smilie by GreenSmilies.com

Bei mir geht's derweil bei diesem ganzen Rumgezicke eher in die entgegengesetzte Richtung:
Mittlerweile überlege ich, ob ich den Ausdruck "Heide" nicht ganz aus meinem Vokabular streichen sollte.  Erstens, weil er nichts, aber auch gar nichts über den Menschen aussagt, zweitens, weil ich ihn eigentlich eh nie als Eigenbezeichnung nutze und drittens, weil ich ungern mit "Wahren Heiden" oder gar einem "Gesamtheidentum" in einen Topf geworfen werden möchte.


Es gibt dicke Heiden, dünne Heiden, blonde Heiden, kleine Heiden, große Heiden, dumme Heiden, schlaue Heiden, faule Heiden, fleißige Heiden, redselige Heiden, schweigsame Heiden, authentische Heiden, Heiden die ihren Glauben leben, und solche die es nur vorgeben, etc.
Mir sind diejenigen am liebsten, die einfach nur machen, statt viel zu reden, und die anderen ebenso machen lassen.
Am wenigsten mag ich die, welche ständig in den Startlöchern stehen, um mit erhobenen Zeigefinger bei der geringsten Kleinigkeit hervor zu schnellen und eine Litanei loslassen, was der einzelne gerade nach ihrer Ansicht falsch gemacht hat. Erinnert immer ein wenig an die Leute, die den ganzen Tag hinter der Gardine stehen, um jeden Falschparker aufzuschreiben...
Aber, okay...wer's nötig hat, bitte...

Mir nimmt das allerdings immer mehr die Lust, mich überhaupt noch an Diskussionen innerhalb der Community zu beteiligen.
Von einer Hand voll Foren, in denen ich angemeldet bin, sind genau noch zwei übrig geblieben, in denen ich mich noch gern beteilige, soweit meine Zeit es zulässt. Eins davon ist unsere eigenes, Paganrealm, das andere das Paradies.

Alle anderen überlasse ich dann gerne denjenigen, die sich lieber um Förmchen kloppen oder sich gegenseitig erklären müssen, was richtige Heiden so zu tun und zu lassen haben.
Das Internet ist ja glücklicherweise groß genug, dass man sich aus dem Weg gehen kann.





“Do what thou wilt shall be the whole of the Law.” --AL. I. 40
“Love is the law, love under will.” --AL. I. 57

Mittwoch, 20. Januar 2010

"Löschen statt sperren" - Hilflosigkeit bei der Regierungskoalition

In dem Artikel "Kinderpornos löschen: Regierung ohne Konzept" offenbart sich wieder einmal mehr die geballte Inkompetenz der Regierungsparteien, in Sachen Internet.

Obwohl ja der Grundsatz "Löschen statt Sperren" im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP ausdrücklich festgelegt ist, kriegen die Damen und Herren Politiker es irgendwie nicht auf die Reihe, dies auch umzusetzen.

"Das umstrittene, noch von der Großen Koalition beschlossene Zugangserschwernisgesetz wurde vorläufig auf Eis gelegt. Mit Hilfe dieses Gesetzes sollten kinderpornografische Webseiten für deutsche Surfer gesperrt werden. Stattdessen soll nun versucht werden, solche Seiten völlig aus dem Netz zu werfen. Ob und wie das funktioniert, soll nach einem Jahr geprüft werden, so der vage Plan." Anm. Hervorhebung durch den Autor
Öhm, kleiner Tip:
Vielleicht mal den "Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur", kurz "AK Zensur" fragen. Die hatten nämlich schon im Mai vergangenen Jahres, als Ursula von der Leyen noch auf Promo-Tour für ihre Netzsperren durch Deutschland reiste, gezeigt wie und wie schnell das Löschen gehen kann.

Frau von der Leyen war daraufhin ja so verärgertblüfft, dass sie so lustige Behauptungen in die Welt setzte, wie, dass z.B.in Indien ja Kinderpornos nicht verboten wären...womit sie nicht direkt Unrecht hatte, da sind nämlich Pornos generell verboten.

"Schwammig werden die Antworten allerdings dann, wenn es um den Grundsatz "Löschen statt sperren" geht. Offenbar fehlt dem zuständigen Bundesfamilienministerium derzeit ein schlüssiges Konzept, um diesen Grundsatz effektiv in die Praxis umzusetzen. Auch auf die Frage, wie und von wem denn die Wirksamkeit des Löschkonzepts am Jahresende überprüft werden solle, bleibt das Ministerium eine Antwort schuldig. "Die Überlegungen hierzu sind innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen", heißt es dazu lapidar."
Das es an einem Konzept mangelt dürfte, meines Erachtens nicht nur an fehlender (Internet-)Kompetenz liegen, sondern auch daran, dass dort zur Zeiten von Zensursula wohl auch niemand ernsthaft  Alternativen zum Zugangserschwernisgesetz in Erwägung gezogen haben dürfte. Jedenfalls erweckte das Gebaren der damaligen Frau Famileinministerin durchaus diesen Eindruck.
Aber selbst wenn, so hat von der Leyen doch bei ihrem Umzug ins Arbeitsministerium auch die wichtigsten Mitarbeiter mitgenommen und somit wohl auch alle Alternativ-Konzepte...

Aber im Prinzip ist es doch auch gehopst wie gesprungen, denn wie es ausschaut, setzt man gerade im Bereich "Löschen statt Sperren" eh wieder auf althergebrachte Verhaltensweisen: Aus-sitzen bis zur nächsten Bundestagswahl und hoffen, dass der Bürger schnell vergisst.

Naja, aber vielleicht sollte es die Bundesregierung ja erst einmal hiermit versuchen.


Unter dem Motto "Was treibt eigentlich Frau von der Leyen heute?" noch ein paar Links:

Gouvernante im Nannystaat auf FAZ.NET

Mehr Peitsche, weniger Zuckerbrot
auf  TP




Zum Schluß noch einmal ein sehr aufschlußreicher Beitrag aus der ZDF-Mediathek:

Netzwerksperren Weltweit 3SAT vom 11.10.09

Hochzeitstag

Gestern, als ich so auf das Datum schaute, wurde mir plötzlich klar, das ich am Tag davor, am 18., wenn die Dinge anders gelaufen wären, eigentlich Silberne Hochzeit gefeiert hätte.
Nun, gut, hätte ich sowieso nicht, aber das ist ein anderes Thema und gehört auch hier nicht her.

Aber dass ich das Datum völlig übersehen habe, ist für mich eigentlich ein gutes Zeichen, weil es bedeutet, dass ich meinen Mann endlich habe gehen lassen und damit auch mit gewissen alten Geschichten abgeschlossen habe.
Mittlerweile kann ich manchmal noch wehmütig an den Mann denken, den ich damals geheiratet habe, ohne an den Mann denken zu müssen, der gestorben ist.

An den kann ich mittlerweile auch zurückdenken, ohne Wut, ohne Widerwillen, ohne darüber nach zu grübeln, ob ich die Entwicklung vorhersehen und irgendetwas hätte tun können, um das Endergebnis zu ändern.
Aber das ist Unsinn.
Man kann die Zeit nicht zurückdrehen, und selbst wenn, kann man sich nicht die Verantwortung für das Leben eines anderen Menschen komplett auf die eigenen Schultern laden.


Es ist gut, wie es heute ist.
Für ihn, für mich, für alle Beteiligten.





Heute wäre mein Mann 48 Jahre alt geworden.
Danke, für die wirklich schönen Erinnerungen und unsere beiden Kinder!
Ich hoffe, wo immer du jetzt bist, geht es dir besser!



Mittwoch, 13. Januar 2010

Individualismus ade?

Bei meiner Blogrunde stieß ich vor längerer Zeit (Anfang Dezember) zuerst auf ein sehr treffendes Youtube-Video auf esoterikwatch.org, in dem Georg Schramm sehr treffende Worte findet zur Brenner-Koch-Affaire, dem Westentaschen-Berlusconi Roland Koch und einigen anderen Schmankerl.
Ich habe wirklich lange gebraucht, bis ich dieses sardonische Lächeln wieder los wurde...

Danach fand ich bei Follow the white Rabbit einen Beitrag, der sich ebenfalls mit dem Rauswurf von Nikolaus Brenner befasst, allerdings in einem etwas anderen Zusammenhang.

Und nun können alle Leser, die in Erwartung eines weiteren meiner "politischen" Beiträge schon wieder entnervt das Weite suchen wollten, sich entspannt zurücklehnen.
Denn um Politik soll es hier nicht gehen.

Vielmehr stelle ich mir in Hinblick auf die Gegenüberstellung der zwei Fälle von Misfit, die scheinbar keinen Zusammenhang haben, die Frage, in wie weit wir heute schon auf dem Weg hin zu einer albtraumhaften Welt sind, in der Individualität und Selbstbestimmung zu Gunsten einer konformistischen Einstellung und bloßem Kollektivismus einfach abgeschafft wurde?

Denn da werden wir landen, wenn weiterhin Menschen, die sich nicht in eine Schablone pressen lassen wollen, die ihrer Linie treu bleiben, die sich nicht dem Verhalten, der Meinung und Lebensgewohnheit der Mehrheit unterwerfen, die sich nicht den sogenannten Autoritäten beugen, einfach ins Aus geschossen werden, sei es, dass man böse Vermutungen über ihren Seelenzustand oder ihre Lebensgewohnheiten anstellt, oder wie im Fall Brenners, sie einfach aus exponierten Stellen entfernt.

Wer bestimmt denn, was die Norm ist, was als normal gelten darf, was angemessenen Verhalten betrifft?
Doch wohl immer eine irgendwie definierte Mehrheit.
Dabei kann die Norm, also das, was als normal angesehen wird, sehr starken Schwankungen unterworfen sein, je nachdem, wie die Mehrheit des kulturellen und sozialen Umfeldes, in dem man sich gerade bewegt, beschaffen ist.
Im sozial definierten Kleinbürgertums mag es als normal gelten, mindestens einmal im Jahr in Urlaub zu fahren, mindestens ein Auto und ein nicht abbezahltes Eigenheim zu besitzen, verheiratet zu sein und durchschnittlich 2,5 Kinder zu haben, sich abends mit einem Bierchen und Salzstangen vor den Fernseher zu parken und nicht weiter aufzufallen.

Wenn ich Freitagsabends bei uns zum Kaufland (oder wie es meine Tochter immer lakonisch nennt, in die "Twightlightzone") gehe, dann ist es so, dass sich dort hauptsächlich, die Haute volet des Präkariats bei ihrem Äquivalent der kleinbürgerlichen Phantasialandausflugs mit ihrem gesamten Anhang (Papa, unrasiert im ballonseidenen Jogginganzug oder in Schnellfickerhose, Oma, Mutter, Kinder und Kindeskinder, wobei die Altersdifferenz der Generationen bei durchschnittlich 14 Jahre liegt), viele, grölende und sich in archaischen Lauten artikulierenden Teenies (in der einen Hand 'ne Pulle Wodka und Cola in der anderen Hand zwei Pullen Palmero ,Wochenend-Event-Must-have anscheinend), und andere, merkwürdige Gestalten (einschließlich Mama Krähe nebst Tochter, soviel Selbsterkenntnis sollte schon sein!) eingefunden haben.
Also dürfte diese Masse dort eben als Norm gelten. Sie nehmen einander auch ganz bestimmt als völlig normal wahr, wenn überhaupt. Für mich hingegen sind solche Erfahrungen, rein subjektiv, vergleichbar mit einem Zoobesuch und ich bin ehrlich immer froh, wenn ich da wieder raus bin.

Für mich sind eben ganz andere Verhaltensweisen und ein ganz anderer anderer Habitus "normal".
Wobei, und das meine ich ganz ehrlich, ich es vorziehe, wenn jemand authentisch rüberkommt. Ich habe nämlich über die Jahre und die Erfahrungen, die ich gemacht habe, gelernt, dass nicht wirklich zählt, was ich persönlich als Normalität betrachte. Klar, es erleichtert den "Erstkontakt" und das soziale Miteinander für mich und eigentlich für jedermann, wenn der Gegenüber derselben Norm zu folgen scheint.

Aber, gerade was Äußerlichkeiten betrifft, und, da kann man noch so beteuern, das die eben nicht wichtig sind, wenn ich jemanden sehe, dann nehme ich ihn eben erst einmal visuell wahr und "innere Werte" kann man nun eben nicht von außen erkennen, kann man sich ziemlich schnell täuschen lassen.
Nur, weil jemand meinem persönlichen Klamottengeschmack trifft, heißt das nicht, dass er auch so tickt wie ich, und wenn jemand sich in meinen Augen total bescheuert kleidet, heißt das ebenso wenig, dass er auch bescheuert ist.
Erstens kann man ja über Geschmack bekanntlich streiten, zweitens, kann gerade die Wahl der Kleidung vielerlei Gründe haben. Wer bin ich also, wenn ich von der äußerlichen Erscheinung einfach so Rückschlüsse auf die Person selbst ziehen würde? Tu' ich natürlich schon, wie alle, binnen einem Bruchteil einer Minute fälle ich ein Urteil. Aber glücklicherweise ist der Mensch ja zum Denken fähig. Also landet mein Urteil auch gleich dort, wohin es gehört, Ablage Rundordner.

Bedenklich wird es in meinen Augen, wenn Verhaltensweisen, Lebensstil und Aussagen von Personen ausschließlich an der eigenen Norm gemessen werden. Wie man an dem Beispiel des Jungen in Misfits Beitrag sehr schön sehen kann, kann das Anlegen des eigenen Maßes, hier von Seiten des Lehrers, sogar eine Existenz gefährden, sogar zerstören. Was spontane Fehlurteile anrichten können, wenn sie nicht durch nähere Betrachtung und objektiver Beurteilung relativiert werden, kann sich jeder denken.
Eine alleinerziehende Frau, welche mehrere Kinder von unterschiedlichen Partnern hat, wird sehr schnell als Schlampe abgestempelt, erst recht, wenn sie zudem auf die Norm "monogame Beziehung" verzichtet. Keiner fragt da noch lange nach ihren Beweggründen.
Ein alleinstehender Mann, der, statt Kinder ständig vom Rasen zu jagen, und wegen jedem Mist anzumaulen, sich lieber mit ihnen unterhält oder vielleicht sogar mitspielt, kriegt schnell das Etikett "Kinderschänder" angehängt. Die Gefahr läuft allerdings auch ein Vater, der, völlig ohne Hintergedanken, mit seinen Kindern zusammen badet. Ich will nicht wissen, wie viele Kindergärtnerinnen bei Erzählungen ihrer "Schützlinge" über solche Verhaltensweisen in Familien schon misstrauisch geworden sind und das Jugendamt informiert haben.

Ich kenne z.B. eine Familie, welche geschlossen Anhänger des Nudismus sind. Da kann es schon einmal passieren, dass der Herr des Hauses völlig unbekleidet die Haustür öffnet. Nicht, weil er Exibitionist wäre, sondern weil die ganze Familie zu Hause, sofern es die Temperaturen zulassen, nackt herumläuft und somit die Nacktheit völlig als normal empfunden wird. Da passiert es schon mal, dass man vergisst, sich ein Handtuch über zu verwerfen, wenn es klingelt.
Das mag für den einen oder anderen zwar ziemlich strange sein, aber "unnormal"?

Besonders dramatisch können für Betroffene solche pauschal getroffene Bewertungen eben werden, wenn sie aus berufenem Munde, "professionellem" Quellen, stammen, wie sie ja nach Ansicht der breiten Öffentlichkeit eben Lehrer, Psychologen, Sozialpädagogen, Ärzten usw. darstellen.

Diese unterliegen aber trotz ihrer Ausbildung auch noch gewissen Einflüssen ihres Umfeldes und sind somit genauso wenig frei von persönlichen Ressentiments.

Ein Sozialpädagoge, beispielsweise, der Tag täglich nur mit rudimäntardeutsch sprechenden Gangstas aus sozialen Brennpunkten zu tun hat, wird da schon einmal, wenn er dann auf einen sich verbal korrekt ausdrückenden Jugendlichen trifft, der zu allem Überfluss auch noch Aussagen wie "Ich bin anders, und das ist auch gut so!" und "Ich habe festgestellt, dass ich auf eine andere Weise denke, als meine Altersgenosse!" und dann noch bekundet, dass er sich statt der Störungen im Unterricht eben von Seiten der Gangsta-Fraktion lieber Ruhe wünsche, weil er sich andernfalls nur schwer konzentrieren könne, nicht, wie eigentlich zu erwarten, vor Freude in die Luft springen, sondern vermuten, dass der Junge an einer tiefgreifende Entwicklungsstörung, wie Autismus leiden könnte.

Jemand, der sich gegenüber einem Psychologen zu dem Bekenntnis verleiten lässt, dass er mit unsichtbaren Wesenheiten oder gar Göttern kommuniziert, gar in andere Welten reist und dort interagiert und Botschaften erhält, darf sich nicht wundern, wenn er mit der Diagnose "Paranoide Schizophrenie" und einem Rezept für Neuroleptika nach Hause geht (wenn er nicht gleich in die Geschlossene eingeliefert wird), wenn diesem ein solches Denken völlig fremd ist.

Die Liste der Beispiel ließe sich beliebig erweitern.

Wer nicht mit den Wölfen heult, wer sein Ding durchzieht, wird auf die eine oder andere Art immer mit der sogenannten Norm konfrontiert und an ihr gemessen werden. Fakt ist, dass jeder Verhaltensweisen aufweist, die für einen anderen im besten Fall skurril, im schlimmsten jedoch inakzeptabel sind.

Im Grunde ist jeder Mensch, der sein Leben lebt und nicht das eines anderen, ein Individualist.
Wobei, das ist mir bei dem Verfassen eines Artikels unter MSWord aufgefallen, das Wort "Individualist" an sich wohl im "normalen" Sprachgebrauch auch schon ein negatives Image genießt. Wenn man da nämlich den Thesaurus anwendet, bekommt man als Synonyme Begriffe wie "Exzentriker", "Spielverderber", "Störenfried", "Querkopf", "Trotzkopf", "Krakeeler" geliefert.
Alles keine besonders positiv belegte Begriffe.
In einem Wörterbuch fand ich zum Beispiel betreffs "Exzentriker" folgende Definition:
"Exzentriker

Ein Exzentriker (aus dem Lateinischen ex centro, außerhalb des Mittelpunktes) ist eine Person, die überspannt oder verschroben ist, bzw. auf andere Art deutlich von der sozialen Norm abweicht."

Das erweckt bei mir den Eindruck, ein Individualist, ein Nonkonformist, wäre gleich sozial inkompetent.
Was natürlich Quatsch ist.
Ich kenne eine Menge "Individualisten", die sogar sehr gut in und mit der Gesellschaft interagieren und dabei sehr glücklich und zufrieden wirken. Eine Einstellung, welche ich, nach rein subjektivem Empfinden, natürlich, bei jenen, die nach Konformität, im Sinne der Norm der Mehrheit der Gesellschaft, streben, immer etwas vermissse.

Das Streben nach Individualismus bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass man nicht mit der einen oder anderen Meinung oder Lebenseinstellung konform geht. Wie ich eingangs schon sagte, alles eine Sache des sozialen oder situationsbedingten Konsens.
Wer für sich allerdings die Selbstdiagnose "Individualist" immer als Alibi benutzt, seine mangelnde Teamfähigkeit zu kaschieren, überall und immer gegen Mehrheitsbeschlüsse zu sein und dem es generell an der Bereitschaft mangelt, sich mal etwas zurück zu nehmen, ist in meinen Augen eher ein Egoist oder Egomane, ohne das jetzt werten zu wollen. Aber ich denke, in diesem fehlerhaften Bezug liegt ein Gutteil der negativ belasteten Interpretation des "Individualismus" begründet.
Auch Konformität ist ja nicht gleich etwas negatives. Die Frage, die man sich jedoch stellen sollte, ist immer, die Höhe des Preises, die man zum Zwecke dieser Anpassung zu zahlen bereit ist. Das kann nur jeder für sich entscheiden.

Bedenklich finde ich es aber auf jeden Fall, dass Menschen, die für sich dort eine Grenze ziehen, wo aus freiwilliger und adäquater Anpassung an eine Gruppennorm ein regelrechter Konformitätdruck erwächst, also man sich selbst verleugnen und seinen eigenen ethischen, moralischen und ideellen Wertvorstellungen zuwider handeln müsste, wenn man sich der gängigen Norm oder der Meinung der Masse beugen würde, mittlerweile doch ziemlich locker und leicht einfach rausgekantet werden können. Sei es, dass da jemand an der richtigen Schraube dreht oder einfach dadurch, dass man denjenigen diskreditiert oder durch falsche Verdächtigungen oder vorschnelle Urteile unmöglich macht.

Was in den Köpfen beginnt, schleicht sich, meiner Meinung nach, viel zu schnell auch in den tagtäglich Umgang miteinander ein.
Wenn man soweit ist, Behauptungen über Personen, auch und gerade, wenn man diesen Menschen gut kennt, hin nimmt und nur denkt "Oh, das hätte ich von dem aber nicht erwartet!" anstatt nach Beweisen und Begründungen zu fragen, ist auf dem besten Wege dem Kollegtivismus Tür und Tor zu öffnen.

Irgendwann ist man dann wieder so weit, wenn jemand einfach "weg ist", nur noch gleichgültig mit den Achsel zu zucken. "Ja, der wird schon was getan haben, wenn sie ihn abgeholt haben!"

Hellhörig sollte man auf jeden Fall dann werden, wenn von irgendwo neue Begriffe, oder besser Schlagworte, für Verhaltensweisen aufkommen, die es so, oder in dem Zusammenhang, vorher nicht gegeben hat. Mir kam schon bei dem bescheuerten "pädokriminell" von unser Ex-Uschi das kalte Kotzen und ich assoziierte es spontan mit dem "Sinnestäter" aus Equilibrium.
Aber schon bei dem gedankenlosen Gebrauch des Wortes "Amoklauf" für von langer Hand geplante Abrechnungsfeldzüge, per Definition schon Schwachsinn, kann man, meines Erachtens diese schleichende Entwicklung beobachten.

Allerdings, die in den letzten Jahren zunehmend zu beobachtenden Häufungen solcher, weitaus treffender als School-Shootings bezeichneten, Gewaltausbrüche, lässt mich vermuten, dass, neben dem nicht zu unterschätzenden Werther-Effekt, auch eben besagter Zwang zu Konformität und der Erwartungsdruck einer Norm entsprechen zu müssen, eine große Rolle spielen dürfte.

Auch das ist für mich ein Argument dafür, dass man den Hang zum Individualismus in der Gesellschaft stärken sollte. Wenn man allen zu gesteht, sie selbst sein zu dürfen und sie so akzeptiert, wie sie sind, ließe auch der Druck nach, irgendeinem Ideal entsprechen zu müssen.
Wer in sich selbst ruht, zu seinen Eigenheiten und Skurrilitäten stehen darf, kann auch sehr flexibel und gelassen auf die Eigentümlichkeiten anderer reagieren.

“Being different is what makes us all the same.”

Montag, 11. Januar 2010

Weshalb - Wieso - Warum

Jeder, der Kinder hat, kennt die "Warum-Phase" bei seinem Nachwuchs.
Da wird dann alles hinterfragt, warum der Löffel Löffel heißt, warum man nachts schlafen muss, warum man was auch immer gerade tun muss, wieso man atmet, sieht, fühlt, denkt, wieso man überhaupt lebt.
Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass einem als Elternteil dabei manchmal nicht nur die Antworten und der Atem ausgehen, sondern auch die Geduld. Auch, wenn ich mir immer die größte Mühe gegeben habe, die Fragen meiner Kinder nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten, rutschte mir dann auch bisweilen irgendwann ein "Weil das so ist!" heraus.
Ja, auch jemandem, der ohne Punkt und Komma reden kann, wie mir, geht irgendwann der Wortschatz aus. Bringt aber auch nicht viel, wenn denn auf den wirklich dummen Spruch dann ein erneutes "Warum?" folgt. (spätestens da zieht man dann als Mutter ernsthaft in Erwägung, weiteren potenziellen Nachkommen schon mal rein profilaktisch das Sprechen gar nicht erst bei zu bringen....)

Auch meine Eltern haben sich mit einer Engelsgeduld immer die Mühe gemacht, meine Frage zu beantworten. Was sie selbst nicht wußten, haben sie zusammen mit mir in Büchern nachgelesen. Der Griff zum Knaur  gehörte bei uns zum täglichen Ritus und als ich dann endlich selbst lesen konnte, bekam ich mein erstes mehrbändiges Lexikon (und meine Eltern hatten wahrscheinlich die Tränen der Erleichterung in den Augen.) Später folgten dann diverse Fachbücher über die Wissensgebiete, die mich jeweils in dem Augenblick gerade am meisten beschäftigten.
Nicht, dass sie mich damit ruhig gestellt hätten, aber die Diskussionen, vorwiegend beim Abendessen oder abends beim Fernsehen, wurden wesentlich interessanter. Manchmal entbrannten hitzige Debatten darüber, wer denn nun Recht habe, dann sprang man auf und rannte los und holte Stapelweise Bücher zu dem Zweck, die These des anderen zu widerlegen oder schneller als der andere auf die Antwort zu stoßen.
Natürlich fand ich es als Kind dann natürlich als triumpfalen Sieg, wenn sich herausstellte, dass sich zum Beispiel mein Vater mit seiner Erklärung auf dem Holzweg befand. Allerdings war das dann auch immer ein kolektiver Sieg, weil wir uns gemeinsam freuten, dass wir die Lösung der augenblicklichen Frage gefunden hatten.

Einige Dinge habe ich so gelernt:
  • Wenn man etwas nicht weiß, fragt man nach. Unwissenheit ist keine Schande, nur das "Nicht-wissen-wollen", weil man sich damit selbst beschränkt.
  • Man kann nicht alles wissen, aber man sollte wissen, wo man sich schlau machen kann.
  • Auch Autoritäten, wie Eltern bzw. Erwachsene, aber auch Vorgesetzte, sind nicht allwissend.
  • Respekt verdienen nicht die, die sich auf ihrem Status ausruhen, nach dem Motto "Ich habe Recht, weil ich der Ältere (Schönere, Klügere, etc.) bin.", sondern jene, die ihre Unkenntnis oder ihren Irrtum einräumen und die Größe beweisen, dies zuzugeben und bereit sind, dazu zu lernen.
  • Man lernt nie aus.

Einen Nachteil hatte diese Art der Erziehung dann schon:

Ich bin nie der "Warum-Phase" entwachsen. Noch heute will ich immer noch den Kern einer Sache auf den Grund gehen, wissen wieso etwas so ist, wie es ist und dem Ursprung und gewissen Zusammenhängen auf die Spur kommen und noch heute brauche ich bloß ein Stichwort, um fast manisch in Büchern oder, dem Internet (wie gut, dass es das heutzutage gibt, erspart mir manch schlaflose Nacht, bis ich, wie in meiner Jugend, endlich in die Bücherei komme um da dann ganze Regalreihen auszuleihen!) nach der Antworten auf plötzlich auftauchende Fragen zu recherchieren. Das kann im besten Fall einige Minuten dauern, im schlimmsten Fall aber auch Stunden, Tage und Wochen. Und sie (moi) wardt nie mehr gesehen....

Und dazu kommt noch etwas.
Ich kann es einfach nicht sein lassen, ständig Motivationen von Personen zu hinterfragen. Welche Ziele verfolgt er, was will er erreichen, warum tut er genau das, was er gerade macht. Nicht das ich deshalb übertrieben misstrauisch oder gar paranoid gegenüber meinen Mitmenschhen wäre.
Nur, bisweilen fallen mir dabei Dinge auf, oder, besser gesagt, es werden gewisse Schlüsselreize aktiviert, die weitere Fragen aufwerfen und mich nachdenklich werden lassen.
(Darum sind mir wohl gerade die Gradlinigen am liebsten, die sagen was sie denken, auch, wenn es weh tut. Damit kann ich umgehen, wesentlich besser, als wenn mich das Gefühl beschleicht, dass da irgendeine Absicht, ein Ziel, verfolgt wird. Böse Falle! Während ich mich nämlich dann zurücknehme und quasi auf höfliches Stand by schalte, macht sich die "Rote Bestie" in mir dann schon einmal zum Sprung bereit. Manch einer, der mich zu manipulieren versuchte oder hinters Licht führen wollte, durfte mit "ihr" schon Bekanntschaft machen. *fg*)

Blöd auch, dass ich diese Einstellung auch an meine Kinder weitergegeben habe. Nicht dass ich mich nicht freue, dass sie immer wieder auf's neue nach Wissen und Erkenntnis streben, aber leider gehört dazu ja auch, alles zu hinterfragen, jedwede Aussagen meiner Person, bedauerlicherweise, eingeschlossen.

Das ist nervig und anstrengend, aber irgendwie für mich auch ein gutes Gefühl.
Wenn sie schon mich, die sie kennen und der sie vertrauen, immer wieder auf den Prüfstein bringen, dann werden sie auch nicht irgendwelchen Bauernfängern, Meinungsmachern und Populisten auf den Leim gehen.

Aus dem Blickwinkel betrachtet, verzichte ich dann natürlich gern auf meinen Gott-Status bei meinen Blagen...